© Addis Fortune
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Äthiopien Webseiten und soziale Medien während Protesten systematisch blockiert

14. Dezember 2016
Seit Beginn der Protestwelle in Äthiopien im November 2015 blockiert die äthiopische Regierung systematisch und rechtswidrig den Zugang zu News-Webseiten und sozialen Medien. Sie versucht damit, Kritik zu unterdrücken und Berichte über gewaltsame Aktionen der Sicherheitskräfte gegen Demonstrierende zu verhindern.

Der Bericht «Ethiopia offline: Evidence of social media blocking and internet censorship in Ethiopia» stützt sich auf Untersuchungen zwischen Juni und Oktober 2016, die Amnesty zusammen mit dem Open Observatory of Network Interference (OONI) durchgeführt hat. Der Bericht dokumentiert, wie der Zugang zu WhatsApp und mindestens 16 unabhängigen Nachrichtenportalen, Webseiten von oppositionellen Parteien sowie von Organisationen, die sich für das Recht auf Meinungsfreiheit und die Rechte von LGBTI (lesbian, gay, bisexual, transgender and intersex) einsetzen, blockiert wurden. Die Sperrungen erfolgten ohne rechtliche Grundlage. 

Totaler Blackout

Die Regierung benutzte dazu mit «Deep Packet Inspection (DPI)» eine Technologie, mit der auch der Internetverkehr überwacht und der Zugang zu Webseiten gefiltert werden kann. Die Analyse von Tor Metrics-Daten belegt auch, dass im betreffenden Zeitraum immer mehr Leute versuchten, die Blockade durch den Einsatz geeigneter Instrumente wie TOR zu umgehen. Kontaktpersonen von Amnesty und OONI in Äthiopien berichteten auch, dass der Zugang zum Internet über mobile Geräte in Zusammenhang mit Protesten am 6. und 7. August 2016 in den Regionen Amhara, Addis Ababa und Oromia vollständig unterbrochen wurde. Dies wurde auch durch Berichte von Google bestätigt, die einen signifikanten Rückgang des Internet-Verkehrs zeigten. An diesen beiden Tagen töteten die Sicherheitskräfte bei den Protesten mindestens 100 Personen.

Verhinderung von Berichten über exzessive Polizeigewalt

Damit wird offensichtlich, dass es der Regierung um die Verhinderung von Berichten über das Vorgehen der Sicherheitskräfte ging – und nicht, wie sie sagte, darum, die Verbreitung von Hass und religiöser Zwietracht über soziale Medien zu vermeiden. Mit der Internetzensur hat die äthiopische Regierung einen weiteren Zugang zur freien Meinungsäusserung im Land geschlossen. Amnesty International fordert die Regierung auf, Kritik an den Ursachen der seit über einem Jahr andauernden Proteste zuzulassen und ihre Ressourcen in die Schaffung eines fairen Ausgleichs zu investieren statt in die Unterdrückung der Proteste und der freien Meinungsäusserung. 

Hintergrund

Die Proteste brachen im November 2015 in Zusammenhang mit einem Masterplan der Regierung für Addis Abeba aus, mit dem die Verwaltung der Hauptstadtregion auf Teile der Region Oromia ausgeweitet würde. Die Proteste weiteten sich später auf die Region Amhara aus und forderten namentlich das Ende willkürlicher Verhaftungen und die Respektierung der in der Verassung vorgesehenen regionalen Autonomie. Den meisten Protesten begegnete die Regierung mit exzessiver Gewalt, durch die Hunderte Demonstrierender getötet worden sind.