Awa stirbt im Alter von 26 Jahren
Awa* heiratete mit 17 Jahren. 2007 bekam die inzwischen 26-Jährige in einem Gesundheitszentrum ihr fünftes Kind. Nach der Geburt litt sie an starken Bauchschmerzen. Die Zweitfrau von Awas Ehemann sagte zu Amnesty International: «Die Assistentin einer Hebamme untersuchte sie und verschrieb ihr Medikamente, für die wir mehr als 11.000 CFA Francs (etwa 18 Euro) bezahlten. Ich weiss nicht, welche Medikamente das waren.»
Eine Krankenschwester erklärte Amnesty International: «Nach der Totgeburt ihres Kindes schwamm Awa in ihrem eigenen Blut. Sie wurde einer Gebärmutteruntersuchung unterzogen und sollte zur Beobachtung im Gesundheitszentrum bleiben. Ihr Mann lehnte dies jedoch ab. Er sagte, er habe nicht genug Geld, um Medikamente zu kaufen.» Am Nachmittag kam Awa wieder nach Hause. Aber schon am nächsten Morgen wurde sie von ihrer Familie zurück ins Gesundheitszentrum gebracht. Sie erhielt ein Rezept, aber die verschriebenen Medikamente waren in der Apotheke des Gesundheitszentrums nicht erhältlich, und die Angehörigen mussten fast 6.000 CFA Francs (etwa 9 Euro) bezahlen, um sie zu bekommen.
Am selben Nachmittag erklärte die Krankenschwester der Familie, dass sie nichts mehr für Awa tun könne und dass sie dringend mit dem Krankenwagen in die Universitätsklinik nach Ouagadougou gebracht werden müsse. Da der Tank des Krankenwagens leer war, wurde Awas Ehemann gebeten, für die Benzinkosten aufzukommen. Das Benzin sei zu teuer, sagte er und erst nach einer langen Diskussion mit der Krankenschwester erklärte er sich bereit, die Kosten von 5.000 CFA Francs (etwa 8 Euro) zu übernehmen. Gegen 16.30 Uhr verliess der Krankenwagen das Gesundheitszentrum und kam eine Stunde später in Ouagadougou an. Im überfüllten Krankenhaus musste Awa zunächst auf einer Matte auf dem Boden liegen. Nach zwei Stunden wurde endlich ein Bett frei. Awa starb kurze Zeit später.
Fatou wird von ihrem Mann gedemütigt, weil sie nur Mädchen zur Welt bringt
Fatou* aus der Nähe der Stadt Bobo-Dioulasso, war Hausfrau, Mutter und Kleinhändlerin. Sie hatte ein schweres Leben wegen ihres Mannes, der unglücklich darüber war, dass sie ihm bisher nur Töchter geboren hatte. Nach sieben Schwangerschaften hatte Fatou fünf Mädchen zur Welt gebracht. Als eine ihrer Töchter vor einigen Jahren geboren wurde, bat sie die Krankenschwester, ihrem Mann das Geschlecht des Kindes so lange zu verheimlichen, bis er die Rechnung für die Geburt gezahlt hatte.
Als Fatous Mann hörte, dass er wieder eine Tochter bekommen hatte, verliess er wütend die Klinik. Kurz darauf nahm er sich eine zweite Frau, die einen Sohn gebar. Von nun an musste Fatou die meisten der Privilegien, die ihr laut Gewohnheitsrecht als Erstfrau zustanden, einbüssen und nahm die Rolle der untergeordneten Zweitfrau ein.
Im Jahr 2007 wurde Fatou mit 41 Jahren erneut schwanger. Nach einer Ultraschalluntersuchung stellte sich heraus, dass sie auch dieses Mal ein Mädchen erwartete. Und die Probleme mit ihrem Mann wurden noch schlimmer. Eine ihrer Freundinnen erklärte im März 2009 gegenüber Amnesty International: «Ihr Mann schrie sie nur noch an, ihr Leben war unerträglich. Sie entschloss sich zur Flucht, und ich nahm sie bei mir zu Hause in Ouagadougou auf. Über sechs Stunden sass sie damals im Bus. Als sie bei mir ankam, war sie erschöpft und verängstigt.»
Fatou starb bei der Geburt ihres sechsten Kindes in der Universitätsklinik von Ougadougou.
Safiatou stirbt nach einer Hausgeburt auf dem Weg ins Gesundheitszentrum
Safiatou* heiratete mit 14 Jahren ihren Cousin Hamidou. Die beiden wohnten in einem Dorf etwa 100 Kilometer südlich der Hauptstadt Ouagadougou und lebten von der Tierhaltung. Safiatou hatte bereits vier Kinder, als sie 2007 im Alter von 26 Jahren erneut schwanger wurde.
Ein Krankenpfleger, der sie einige Tage vor der Geburt im Mai 2008 traf, berichtete, dass Safiatou keine Kontrolluntersuchungen wahrgenommen hatte. Erst gegen Ende der Schwangerschaft reiste sie in das etwa 12 Kilometer entfernte Gesundheitszentrum und musste zwei Tage dort bleiben, da sie sehr schwach war und an Blutarmut litt. Der Krankenpfleger sagt, er habe ihr und ihrem Mann eindringlich geraten, dass sie die kostenlos zur Verfügung gestellten Eisenpräparate einnehmen müsse und ihr Kind im Gesundheitszentrum zur Welt bringen solle.
Safiatous Ehemann erzählte Amnesty International: «Am Tag der Geburt ging es ihr gut, sie hat den ganzen Nachmittag ohne Probleme gearbeitet, wie immer. Sie hat für die Kinder tô - ein Gericht aus Maismehl - gekocht und holte dann Heu für die Tiere. Als am Abend die Wehen einsetzten, ging sie zum Haus ihrer Mutter. Ihre Mutter kam und sagte mir, dass es Safiatou nicht gut gehe, dass wir sie in die Klinik bringen müssten. Ich habe kein Motorrad, also musste ich mir eins leihen. Dadurch haben wir Zeit verloren.» Hamidou sagt, er habe nicht gewusst, dass sie ihr Kind in der Klinik hätte zur Welt bringen sollen. Als er sie bei ihrer Mutter abholte, war sie bereits bewusstlos. Hamidou lieh sich von seinem Nachbarn ein kleines Motorrad, aber es hatte kein Benzin. Also schob er es zur nächsten Tankstelle, die zehn Kilometer entfernt lag. Schliesslich musste Safiatou ihr Kind zu Hause zur Welt bringen. Aber die Plazenta löste sich nicht, und Safiatou verlor sehr viel Blut.
Ihr Mann bat einen Freund, ihm zu helfen, sie in das Gesundheitszentrum zu bringen, aber sie kamen zu spät: Safiatou starb auf dem Motorrad, nur vier Kilometer vom Gesundheitszentrum entfernt. Hamidous Freund berichtete Amnesty International: «Als ich ankam, war Safiatou schon im Delirium, sie konnte nicht mehr stehen. Ihr Mann hatte Angst, sie zu fahren, also setzten wir sie zwischen uns auf das Motorrad. Gegen zwei Uhr morgens fuhren wir los. Auf dem Weg sind drei kleine Gräben. Bei jedem mussten wir ab- und dann wieder aufsteigen. Mit Safiatou war das nicht leicht. Irgendwann hörte sie auf, sich zu bewegen, und wir merkten, dass sie tot war.
Wir fuhren nicht weiter ins Gesundheitszentrum, sondern entschieden uns, sie auf der leichteren Route ins Dorf zurückzubringen.»
Safiatou hinterliess vier Söhne im Alter von vier, sieben, neun und elf Jahren, sowie ihren neugeborenen Sohn. Seit ihrem Tod sind die Kinder tagsüber bei Safiatous Eltern und übernachten bei Hamidous Familie. Safiatous Vater hat der Tod seiner Tochter sehr getroffen. Wie die MitarbeiterInnen von Amnesty International erfuhren, «steht er nicht mehr auf, schläft nicht und isst fast nichts.»
Sarata stirbt bei der Geburt ihres fünften Kindes
Sarata* lebte auf dem Land in der Nähe der Hauptstadt Ouagadougou. Mit 17 Jahren wurde sie verheiratet. Ihre ersten vier ersten Kinder starben alle in den ersten sechs Monaten. Im Jahr 2006 wurde sie mit 26 Jahren erneut schwanger – es war ihre fünfte Schwangerschaft innerhalb von neun Jahren.
Eine ihrer Freundinnen berichtete Amnesty International: «Sie arbeitete bis zum letzten Tag ihrer Schwangerschaft, half ihrem Mann in der Regenzeit ab sieben Uhr morgens auf dem Feld und bereitete vorher noch das Frühstück zu. Nur in der Mittagszeit gönnte sie sich eine Pause, ass eine Kleinigkeit und ruhte einen kurzen Moment aus, bevor sie zurück aufs Feld ging, wo sie bis sechs Uhr abends weiter arbeitete. Ausserhalb der Regenzeit verkaufte sie Pfannkuchen auf dem Markt. Ich bat sie, während ihrer Schwangerschaft mehr Pausen einzulegen, doch sie sagte mir, das könne sie sich nicht erlauben, schliesslich würde man schon genug über sie spotten, weil sie noch immer keine Kinder habe.»
Sarata arbeitete bis zum Tag der Geburt und hatte keine Zeit, zu Vorsorgeuntersuchungen in ein Gesundheitszentrum zu gehen. Eines Nachts bekam sie starke Schmerzen und gebar ihr Kind zu Hause. Man brachte sie nach der Geburt mit einem Motorrad in das nächst gelegene Gesundheitszentrum und von da aus in die Universitätsklinik von Ougadougou. Doch Sarata starb bei der Ankunft im Krankenhaus, noch bevor sie behandelt werden konnte. Die Ärzte diagnostizierten bei ihr eine schwere Malaria, Bluthochdruck (Eklampsie) und Kindbettfieber, eine Infektion, die vor allem Frauen trifft, die ein Kind unter schlechten hygienischen Bedingungen gebären müssen.
* Name geändert.