Vor den Wahlen vom 30. Dezember 2018 kam es zu Protesten, wie hier im Osten des Landes. Die Unruhen brachen aus, nachdem die Regierung angekündigt hatte, dass sie die Wahlen in drei Regionen, die als Hochburgen der Opposition gelten, auf März 2019 verschoben hatte. Obwohl schliesslich in vier Regionen nicht gewählt werden konnte und es mehrere Berichte über Wahlfälschungen gab, erklärte die Wahlkommission Félix Tshisekedi zum Sieger der Präsidentschaftswahl. © Lucha
Vor den Wahlen vom 30. Dezember 2018 kam es zu Protesten, wie hier im Osten des Landes. Die Unruhen brachen aus, nachdem die Regierung angekündigt hatte, dass sie die Wahlen in drei Regionen, die als Hochburgen der Opposition gelten, auf März 2019 verschoben hatte. Obwohl schliesslich in vier Regionen nicht gewählt werden konnte und es mehrere Berichte über Wahlfälschungen gab, erklärte die Wahlkommission Félix Tshisekedi zum Sieger der Präsidentschaftswahl. © Lucha

Demokratische Republik Kongo Präsident Tshisekedi muss sich für Menschenrechte starkmachen

26. Februar 2019
Am 24. Januar 2019 wurde Félix Tshisekedi als neuer Präsident der Demokratischen Republik Kongo vereidigt. Der Präsident muss umgehend Massnahmen ergreifen, um die katastrophale Menschenrechtslage im Land zu verbessern. Amnesty International schlägt einen 10-Punkte-Plan vor.

«Als neuer Präsident der Demokratischen Republik Kongo haben Sie die besondere Verantwortung und die Chance, sicherzustellen, dass Ihre Regierung schnell etwas gegen die sich immer weiter verschlechternde Menschenrechtslage im Land zu tut», erklärt der Generalsekretär von Amnesty International, Kumi Naidoo, in einem offenen Brief an den Präsidenten.

«In den vergangenen 25 Jahren sind in der Demokratischen Republik Kongo schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsverbrechen begangen worden, die Millionen von Menschen das Leben gekostet haben. Die Täter kamen dabei fast immer straffrei davon», führt Naidoo weiter aus.

Der offene Brief an Präsident Félix Tshisekedi beinhaltet auch den Vorschlag für einen 10-Punkte-Plan zur Beseitigung der gravierendsten Menschenrechtsprobleme in dem zentralafrikanischen Land.

 

Ein 10-Punkte-Plan für Präsident Tshisekedi

Amnesty International schlägt dem neuen Präsidenten der Demokratischen Republik Kongo, Félix Tshisekedi, zehn Massnahmen vor, um die schlechte Menschenrechtslage im Land konkret und zufriedenstellend zu verbessern. Er sollte dafür sorgen, dass seine neue Regierung die folgenden Punkte priorisierend verfolgt:

1. Ergreifen konkreter Massnahmen zur Verbesserung des Schutzes und der Sicherheit der Menschen.

Dazu müssen effektive und umfassende Ermittlungen zu Vorwürfen über von Sicherheitskräften begangene Menschenrechtsverletzungen durchgeführt und der Schutz von Zivilpersonen in Konfliktregionen sichergestellt werden. Insbesondere geht es hierbei um die Regionen Beni, Ituri, Haut-Uélé, Tanganyika und Kasaï, Kwilu und Mai-Ndombe, wo die Sicherheitskräfte ihre Pflicht, die zivile Bevölkerung zu schützen, nicht erfüllen.

2. Aufheben des Verbots friedlicher Proteste und Beenden der Unterdrückung von abweichenden Meinungen.

Dies umfasst auch alle Regierungsbehörden auf nationaler und lokaler Ebene, alle Angehörigen der Streitkräfte und Geheimdienste sowie anderer staatlicher Organe anzuweisen, die Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit zu wahren. Den Menschen in der DR Kongo muss es möglich sein, ihre Meinung offen kundzutun, zum Beispiel bei friedlichen Demonstrationen. Sie dürfen deswegen nicht festgenommen, gefoltert, strafrechtlich verfolgt, verschleppt, getötet oder anderweitig bestraft werden.

3. Beenden der Einschränkungen der Medien sowie des Zugangs zum Internet.

Es müssen dringend gesetzliche Regelungen zum Schutz der Medienfreiheit sowie zum Zugang zu Informationen und zum Internet erlassen werden. Die Regierung muss darüber hinaus das Ministerialdekret zur Pressefreiheit vom Mai 2017 aufheben und alle weiteren einschränkenden Massnahmen abschaffen.

4. Abschaffen der Todesstrafe per Gesetz ...

... und Umwandeln aller bereits verhängten Todesurteile in Haftstrafen. Der Entwurf für ein neues Strafgesetzbuch, welches die Todesstrafe nicht mehr enthält, muss ins Parlament eingebracht werden, wie es der Justizminister bereits 2017 angekündigt hatte.

5. Ergreifen konkreter Massnahmen zur Beendigung der vorherrschenden Straffreiheit.

Dazu muss sichergestellt sein, 

  • dass hochrangige Sicherheitskräfte, Politikerinnen und Politiker sowie andere Personen, denen schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen und Völkerrechtsverbrechen einschliesslich sexualisierter und geschlechtsbasierter Gewalt und Vergewaltigung vorgeworfen werden, strafrechtlich verfolgt werden. Militärangehörige, die wegen derartiger Straftaten schuldig gesprochen wurden, müssen aus dem Dienst entlassen werden.
  • dass Angehörige der Armee, der Präsidentengarde, der Polizei und der Geheimdienste, denen die Beteiligung an schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen vorgeworfen wird, für die Dauer der Ermittlungen vom Dienst suspendiert werden. Wenn ausreichend zulässige Beweise vorliegen, müssen die Verdächtigen strafrechtlich verfolgt werden.
6. Ergreifen konkreter Schritte zur Stärkung der Rechtsstaatlichkeit und zur Beseitigung der Willkür.

Insbesondere durch die Freilassung aller willkürlich inhaftierten Personen, die sich nur aufgrund der friedlichen Wahrnehmung ihrer Menschenrechte in Haft befinden. Willkürliche Festnahmen und Inhaftierungen müssen beendet und die Unabhängigkeit der Justiz gewahrt werden.

7. Stärkung der Frauenrechte.

Dazu gehören unter anderem konkrete Massnahmen zur Umsetzung der in der Verfassung des Landes enthaltenden Gleichstellungsquote, die vorsieht, dass Frauen mindestens 30 Prozent der Ämter in allen Entscheidungsorganen wie der Zentralregierung, den Provinzregierungen, den Aufsichtsgremien staatlicher Unternehmen und dem diplomatischen Dienst bekleiden.

8. Fördern des Rechts auf Bildung sowie anderer wirtschaftlicher, sozialer und kultureller Rechte.

Hierzu ist es unter anderem erforderlich, dass das in der Verfassung festgeschriebene Recht auf kostenfreie Grundschulbildung umgehend umgesetzt wird. Zudem müssen effektive Massnahmen ergriffen werden, um Kinderarbeit im Bergbau sowie andere Formen der Ausbeutung von Kindern zu beenden. Auch Gespräche mit Interessenvertreterinnen und -vertretern mit dem Ziel der gemeinsamen Entwicklung und schrittweisen Einführung einer umfassenden politischen Strategie in diesen Bereichen sind nötig.

9. Verbessern der Bedingungen in Gefängnissen und anderen Hafteinrichtungen.

Dazu muss es den entsprechenden Sonderberichterstatterinnen und Sonderberichterstattern der Uno und der Afrikanischen Kommission für Menschenrechte und Rechte der Völker möglich gemacht werden, die Bedingungen in kongolesischen Gefängnissen und Hafteinrichtungen zu untersuchen und konkrete Vorschläge für eine Verbesserung zu machen.

10. Stärkung der Mechanismen zur Kontrolle der Einhaltung von Menschenrechten.

Dazu ist es notwendig, dass die Autonomie und Unabhängigkeit der Nationalen Menschenrechtskommission und des Rats für Audiovisuelle Medien und Kommunikation garantiert, gewahrt und gefördert werden. Zudem müssen diese Mechanismen mit den nötigen Ressourcen und Befugnissen ausgestattet werden.