Truppen aus Kamerun, Niger und Tschad unterstützen den Nachbarn Nigeria gemeinsam im Kampf gegen Boko Haram und geraten damit selbst ins Visier. © REUTERS/Emmanuel Braun
Truppen aus Kamerun, Niger und Tschad unterstützen den Nachbarn Nigeria gemeinsam im Kampf gegen Boko Haram und geraten damit selbst ins Visier. © REUTERS/Emmanuel Braun

Kamerun Massaker durch Boko Haram, Verbrechen der Sicherheitskräfte

16. September 2015
Boko Haram hat im Norden Kameruns seit Anfang 2014 bei Angriffen auf Dörfer rund 400 Zivilpersonen massakriert. In einem neuen Bericht dokumentiert Amnesty diese Verbrechen und die brutale Reaktion der kamerunischen Sicherheitskräfte, die zu Dutzenden weiteren Toten geführt hat.

Der Bericht «Human rights under fire: attacks and violations in Cameroon's struggle with Boko Haram» stützt sich auf drei Research-Missionen, die Amnesty 2015 im Norden Kameruns durchgeführt hat. Er dokumentiert:

  • Kriegsverbrechen durch Boko Haram. Mitglieder von Boko Haram haben hunderte Menschen erschossen, verbrannt oder ihnen die Kehle durchgeschnitten.
  • Die kamerunischen Sicherheitskräfte haben mehr als 1‘000 Personen, darunter auch 5-jährige Kinder, verhaftet. Dutzende starben als Folge der unmenschlichen Haftbedingungen.
  • Die kamerunischen Sicherheitsbehörden sind für das Verschwinden von mehr als 130 Männern und Knaben verantwortlich.
  • Neue Satellitenbilder belegen das Ausmass der Zerstörung von Häusern und   ziviler Infrastruktur durch das Militär.  

Seit Mitte 2014 haben Kämpfer von Boko Haram zahlreiche Dörfer im äussersten Norden von Kamerun überfallen. Allein beim Angriff auf den Ort Bia am 27. April 2015 wurden gemäss Recherchen von Amnesty International über 150 Häuser angezündet und 16 Menschen umgebracht, darunter zwei Kinder.  Im Sommer 2015  forderten mehrere Selbstmordanschläge, für die Boko Haram Mädchen missbrauchte, mehr als 70 Todesopfer.  

Wahllose Verhaftungen der Sicherheitskräfte

Die Antwort der kamerunischen Sicherheitskräfte auf die Massaker Boko Harams brachte noch mehr Leid über die Zivilbevölkerung: Bei zahlreichen Operationen wurden, teilweise wahllos, hunderte von Männern und Knaben verhaftet. Die Mehrheit von ihnen wird unter unmenschlichen Haftbedingungen im Gefängnis von Maroua festgehalten. Allein zwischen März und Mai 2015 kamen infolge fehlender medizinischer Versorgung und desaströser hygienischer Verhältnisse mehr als 40 Häftlinge ums Leben. Über 130 Personen werden bis heute vermisst.

Amnesty International fordert eine umfassende Untersuchung der Verbrechen beider Seiten und die Bestrafung der Verantwortlichen.