Der neue Bericht von Amnesty International: «Right cause, wrong means: Human rights violated and justice denied in Cameroon’s fight against Boko Haram», pdf, englisch, 52 Seiten (Richtige Sache, falsches Mittel: Menschenrechtsverletzungen und Rechtslosigkeit. Der Kampf Kameruns gegen Boko Haram) zeigt auf, wie es in Folge der Militäroffensive gegen die Terrorgruppe im Norden des Landes zu umfangreichen Menschenrechtsverletzungen gegen die Zivilbevölkerung kam.
«Im Versuch, seine Bevölkerung vor der Brutalität von Boko Haram zu schützen, verfolgt Kamerun das richtige Ziel. Doch mit willkürlichen Verhaftungen, Folter und dem Verschwindenlassen von Personen wenden die Behörden die falschen Mittel an», sagt Alioune Tine, Regionaldirektor von Amnesty International für West und Zentralafrika.
«Hunderte von Menschen sind ohne begründeten Verdacht auf ein Verbrechen verhaftet worden. Woche für Woche sterben Menschen in überfüllten Gefängnissen. Die Regierung Kameruns muss sofort Massnahmen ergreifen und das Versprechen einhalten, im Kampf gegen Boko Haram die Menschenrechte zu achten.»
Die Ergebnisse des Berichts erscheinen nur Wochen nach dem Selbstmordanschlag von Boko Haram in Djakana nahe der Stadt Limani an der Grenze zu Nigeria, dem 11 Menschen zum Opfer fielen. Es war der jüngste Anschlag einer Angriffswelle, die allein in diesem Jahr 480 Zivilpersonen das Leben gekostet hat. Rund die Hälfte aller Selbstmordanschläge wird von Kindern verübt.
Unmenschliche Bedingungen
Mehr als 1‘000 Menschen sitzen derzeit in hoffnungslos überfüllten Gefängnissen, weil sie der Unterstützung von Boko Haram beschuldigt werden. Die sanitären Bedingungen sind unzumutbar und es gibt nicht genügend Nahrung. Im Gefängnis Maroua sterben jeden Monat zwischen sechs und acht Personen. Obwohl die Wasserversorgung verbessert werden soll und neue Zellen im Bau sind, bleiben die Bedingungen unmenschlich. In einem Gebäude, das für 350 Häftlinge ausgelegt ist, harren derzeit 1‘500 Gefangene aus.
Die Zahl der Gefangenen ist stetig angestiegen durch Verhaftungen, die oftmals willkürlich erfolgten und sich teils gegen ganze Gruppen richteten. Oftmals wendeten die Sicherheitskräfte dabei übermässige und unnötige Gewalt an, etwa bei der Erstürmung von Kouyapé durch die Armee. Dort kamen im Juli 2015 70 Menschen ums Leben.
Folter und Militärjustiz
Amnesty International hat zwischen November 2014 und Oktober 2015 29 Fälle dokumentiert, in denen Menschen nach der Verhaftung gefoltert wurden – sechs von ihnen sind an den Folgen gestorben. Zahlreichen Gefangenen droht die Todesstrafe, weil sie verdächtigt werden, Boko Haram unterstützt zu haben. Seit Juli 2015 wurden über 100 Personen, darunter auch Frauen, vom Militärgericht in Maroua zum Tode verurteilt.