Flagge von Simbabwe (Symbolbild nach Ablauf der Bildrechte vom Originalbild) © pixabay
Flagge von Simbabwe (Symbolbild nach Ablauf der Bildrechte vom Originalbild) © pixabay

Simbabwe Wahlen finden vor dem Hintergrund systematischer Menschenrechtsverletzungen statt

26. Juli 2023
Die bevorstehenden Parlamentswahlen in Simbabwe finden vor dem Hintergrund systematischer, brutaler Menschenrechtsverletzungen statt. Dazu gehören die jüngsten Einschränkungen von Versammlungen der politischen Opposition, die gewaltsame Unterdrückung von Protesten und die Kriminalisierung von Staatskritiker*innen, sagt Amnesty International im Vorfeld der Wahlen am 23. August

In den vergangenen fünf Jahren wurden die Rechte auf Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Simbabwe unerbittlich unterdrückt. Die Regierung ging hart gegen alle vor, die Rechenschaft forderten oder Proteste gegen Korruptionsvorwürfe organisierten. Journalist*innen, Mitglieder der politischen Opposition und Menschenrechtsaktivist*innen wurden wegen ihrer Kritik an der Regierung immer wieder zur Zielscheibe. Auch Beschäftigte des Gesundheitswesens, die gegen schlechte Arbeitsbedingungen und Gehälter protestierten, wurden nicht verschont. Sie wurden kriminalisiert, weil sie ihre Rechte einforderten. So wurde beispielsweise der damalige amtierende Präsident der Zimbabwe Hospital Doctors Association (ZHDA), Peter Magombeyi, im September 2019 entführt und gefoltert, weil er sich für die Notlage der Beschäftigten im Gesundheitswesen eingesetzt hatte. Er wurde nach wenigen Tagen wieder freigelassen.

«Die Behörden haben gezeigt, dass es in der so genannten 'zweiten Republik' keinen Raum für abweichende Meinungen gibt. Die Polizei hat wiederholt exzessive Gewalt angewendet, um die Menschenrechte zu unterdrücken.» Khanyo Farisè, stellvertretender Direktor von Amnesty International für das südliche Afrika

Vor fast zwei Wochen unterzeichnete Präsident Emmerson Mnangagwa das Gesetz zur Kodifizierung und Reform des Strafrechts (Criminal Law Codification and Reform Amendment Bill, 2022), das gemeinhin als «Patriotic Bill» bezeichnet wird und mit dem abweichende Meinungen unter anderem wegen «Störung» einer verfassungsmässig gewählten Regierung weiter kriminalisiert werden.

«In den letzten fünf Jahren wurden die Menschenrechte in Simbabwe brutal unterdrückt, besonders die Meinungs- und Versammlungsfreiheit. Auch die Achtung der sozioökonomischen Rechte hat dramatisch abgenommen, so dass viele Menschen in bitterer Armut leben und keine Mittel haben, um sich zu ernähren», sagte Khanyo Farisè, stellvertretender Direktor von Amnesty International für das südliche Afrika. «Die Behörden haben gezeigt, dass es in der so genannten 'zweiten Republik' keinen Raum für abweichende Meinungen gibt. Die Polizei hat wiederholt exzessive Gewalt angewendet, um die Menschenrechte zu unterdrücken.»

Kriminalisierung der politischen Opposition

Die simbabwischen Behörden gehen zunehmend gegen führende Vertreter der politischen Opposition, Journalist*innen und Aktivist*innen vor, wenn sie Korruptionsvorwürfe aufdecken oder Rechenschaft fordern. Hopewell Chin'ono, ein prominenter Journalist, der einen millionenschweren Korruptionsfall im Zusammenhang mit Covid-19 aufdeckte, und Jacob Ngarivhume, ein politischer Aktivist, der für den 31. Juli 2020 zu landesweiten Protesten gegen Korruptionsvorwürfe aufrief, wurden im Juli 2020 festgenommen und inhaftiert.

Chin'ono und Ngarivhume wurden später wegen ihrer lautstarken Kritik an den Korruptionsvorwürfen mit verschiedenen erfundenen Anklagen konfrontiert. Als Strafe für die Aufdeckung von Korruptionsvorwürfen und seine investigative journalistische Arbeit wurde Chin'nono mehrmals verhaftet und zwischen 2020 und 2021 für etwa 94 Tage im Chikurubi-Hochsicherheitsgefängnis festgehalten. In einem eindeutigen Angriff auf Chin'ono untersagte das Gericht auch seiner Anwältin Beatrice Mtetwa, ihn zu vertreten.  Nach Einsprüchen hat der Oberste Gerichtshof Hopewell Chin'ono dreimal freigesprochen. Ngarivhume verbüsst unterdessen eine vierjährige Haftstrafe, nachdem er im April verurteilt worden war, weil er zu landesweiten Protesten gegen Korruption aufgerufen hatte.

Im Mai wurde Job Sikhala, ein Parlamentsabgeordneter der Oppositionspartei Citizens Coalition for Change (CCC), wegen «Behinderung der Justiz» zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt. Der Prozess gegen Sikhala stand im Zusammenhang mit einem im Internet verbreiteten Video, in dem er behauptet haben soll, die regierende Zanu-PF-Partei habe Moreblessing Ali, eine CCC-Aktivistin, im Juni 2022 getötet. Sikhala, der seit Juni 2022 inhaftiert ist, bestritt, das Video gedreht zu haben, und ein Sachverständiger sagte vor Gericht aus, dass das Filmmaterial manipuliert worden sei.

Im September 2022 wurden die simbabwische Autorin und Aktivistin Tsitsi Dangarembga und ihre Mitstreiterin Julie Barnes nach ihrer Teilnahme an den Protesten gegen die wirtschaftliche Not am 31. Juli 2020 wegen «Anstiftung zur Gewalt» zu einer Geldstrafe von 70.000 simbabwischen Dollar (168 Schweizer Franken) verurteilt.  Sie wurden jeweils zu einer sechsmonatigen Bewährungsstrafe verurteilt, die sie jedoch später erfolgreich vor Gericht angefochten haben.

Beschneidung der Versammlungsfreiheit

Die Machtübernahme von Präsident Emerson Mnangagwa erfolgte vor dem Hintergrund der Tötung von Demonstrant*innen nach den gewalttätigen Ausschreitungen am 1. August 2018, die sich an die Wahlen vom 31. Juli 2018 anschlossen. Sechs Menschen wurden getötet und 35 weitere verletzt, nachdem Soldaten mit scharfer Munition auf Menschen geschossen hatten, die vor den Protesten nach den Wahlen in Harare flohen.

Die Demonstrant*innen hatten die Veröffentlichung der offiziellen Wahlergebnisse gefordert. Einige der Getöteten und Verletzten wurden von hinten erschossen, doch auch fünf Jahre später ist niemand zur Rechenschaft gezogen worden. Und trotz der Einsetzung einer Kommission zur Untersuchung der Umstände, die zu den Morden geführt haben, ist der Gerechtigkeit nicht Genüge getan worden. Den Opfern wird weiterhin der Zugang zur Justiz und zu wirksamen Rechtsmitteln verwehrt.

Am 16. August 2018 griff die Polizei mit Schlagstöcken friedliche Demonstrant*innen an, die sich im Vorfeld der nationalen Proteste vom 16. August gegen die sich verschlechternden sozioökonomischen Bedingungen im Land in Harare versammelt hatten. Bei der Niederschlagung wurden zahlreiche Menschen verletzt. Am 15. August, dem Vortag des Marsches, kündigte die simbabwische Polizei in einer Presseerklärung ein Verbot der Proteste an mit der Begründung, diese würden gewalttätig werden. Nach dem Abbruch der Proteste wurden etwa 128 Aktivist*innen verhaftet und in Untersuchungshaft gebracht. Weitere Proteste in anderen Städten wurden ebenfalls verboten.

Bei den landesweiten Protesten gegen die Erhöhung der Kraftstoffpreise zu Beginn des Jahres 2019 dokumentierte Amnesty International mindestens 15 Tötungen durch die Polizei. Der Staat führte Massenverhaftungen durch, bei denen Hunderte von Menschen, darunter prominente Aktivist*innen unter anderem wegen öffentlicher Gewalt festgenommen wurden. Bis Ende April desselben Jahres wurden fast 400 Personen von den Gerichten verurteilt, die meisten von ihnen in übereilten Prozessen.