Die 27-jährige sudanesische Christin Meriam Yehya Ibrahim war im 8. Monat schwanger, als sie am 11. Mai 2014 von einem Gericht in Khartum des «Ehebruchs» und des «Abfalls vom islamischen Glauben» für schuldig befunden wurde. Das Gericht hatte ihr eine Frist von drei Tagen eingeräumt, um ihrem christlichen Glauben abzuschwören. Nachdem sie dies verweigerte, wurde ihr Todesurteil am 15. Mai bestätigt.Seither sitzt sie mit ihrem 20 Monate alten ersten Sohn im Gefängnis und hat dort inzwischen ihr zweites Kind geboren.
«Dass eine Frau wegen ihrem religiösen Bekenntnis zum Tode verurteilt wird, und wegen ihrer Heirat mit einem angeblich andersgläubigen Mann zu Peitschenhieben, ist unerhört und grauenhaft», kommentiert Manar Idriss, Sudan-Expertin von Amnesty International.
Freiwillige Handlungen erwachsener Menschen als «Ehebruch» und «Apostasie» unter Strafe zu stellen, verstösst gegen internationale Menschenrechtsabkommen, die auch vom Sudan ratifiziert wurden. Die Kriminalisierung von Ehebruch widerspricht dem Recht auf freie Meinungsäusserung und Vereinigungsfreiheit, und ihre Umsetzung ist eine klare Diskriminierung von Frauen. Auch die Behandlung der «Apostasie» als Straftatbestand ist unvereinbar mit den Rechten auf Meinungsfreiheit, Gewissensfreiheit und Religionsfreiheit.
Amnesty International betrachtet Meriam Yehya Ibrahim gewaltlose politische Gefangene und fordert ihre bedingungslose Freilassung.
Update vom 1. Juni: Doch noch eine Chance für Meriam Yehya Ibrahim?
Inzwischen hat Meriam Yehya Ibrahim ihr zweites Kind geboren und sitzt nun mit beiden Kindern im Gefängnis. Anwältinnen haben zudem gegenüber Amnesty International bestätigt, dass Berufung eingelegt wurde. - Über einen möglichen Aufschub des Todesurteils liegen bei Amnesty noch keine gesicherten Informationen vor.
Die sudanesische Zivilgesellschaft, die Uno und zahlreiche Regierungen hatten gegen das menschenrechtswidrige Urteil protestiert. Dem Aufruf von Amnesty International zum Protest sind inzwischen über 700'000 Menschen in aller Welt gefolgt.
Nicht nur das Todesurteil wegen «Abfall vom Glauben» und die Verurteilung zu 100 Peitschenhieben wegen «Ehebruch» sind menschenrechtswidrig, auch die Haftbedingungen der jungen Mutter sind grausam und unmenschlich. Gemäss Berichten sind ihre Füsse mit schweren Fesseln zusammengebunden, die bei jeder Bewegung schmerzen. Offenbar ist dies im Sudan bei Gefangenen, die zum Tode verurteilt wurden, üblich.
Amnesty International betont, dass die junge Frau nach geltenden internationalen Menschenrechtsstandards gar nie hätte inhaftiert werden dürfen.