«Im Südsudan werden Menschen wegen ihrer politischen Ansichten und ethnischen Herkunft festgenommen und dann von den Sicherheitskräften unvorstellbaren Qualen ausgesetzt, die manchmal sogar zum Tode führen», so Seif Magango, stellvertretender Regionaldirektor für Ostafrika bei Amnesty International.
Der Amnesty-Bericht mit dem Titel «A trail of broken promises» zeigt auf, dass zwischen Februar und Juli 2017 vier Männer – Mike Tyson, Alison Mogga Tadeo, Richard Otti und Andria Baambe – aufgrund der miserablen Haftbedingungen und mangelhaften medizinischen Versorgung im Gewahrsam gestorben sind. Sie waren alle im Jahr 2014 festgenommen und ohne Anklageerhebung festgehalten worden. Man warf ihnen vor, Verbindungen zur Opposition zu haben. Amnesty International hatte bereits zuvor dokumentiert, dass zwischen Februar 2014 und Dezember 2016 mindestens 20 Personen in südsudanesischen Hafteinrichtungen gestorben sind.
Unmenschliche Behandlung und Folter
Für den neuen Bericht sprach Amnesty International mit ehemaligen Häftlingen, die angaben, dass sie Wasser aus der Toilette trinken mussten und für den Toilettengang keine Privatsphäre hatten. Sie berichteten zudem, dass sie nur selten Ausgang aus ihren Zellen bekamen, um die frische Luft zu oder sich bewegen zu können. Ausserdem durften sie nicht miteinander sprechen. In manchen Fällen erhielten die Inhaftierten nur eine Mahlzeit am Tag, in Extremfällen sogar nur wenige Mahlzeiten pro Woche.
Der 32-jährige Moses (Name geändert) wurde im Juli 2014 festgenommen und in verschiedenen Einrichtungen des Geheimdienstes NSS in Juba in Haft gehalten, so auch in der NSS-Zentrale im Stadtteil Jebel. Drei Jahre später wurde er ohne Anklage wieder auf freien Fuss gesetzt.
«Nach meiner Festnahme wurde ich von Angehörigen des Geheimdiensts gefoltert und beschuldigt, die Jugend zu mobilisieren. Sie hielten mich fest, richteten eine Waffe auf mich und schlugen mich auf einer Körperseite mit Stöcken und Metallstangen, während andere auf mich eintraten», berichtete er Amnesty International.
Der 49-jährige Joseph (Name geändert) wurde im Januar 2015 festgenommen und zwei Jahre lang in der NSS-Zentrale festgehalten, weil man ihn verdächtigte, mit Mitgliedern der bewaffneten Opposition zu kommunizieren. Er wurde ohne Anklageerhebung in Gewahrsam gehalten und hatte weder Zugang zu einem Rechtsbeistand noch zu seinen Familienangehörigen.
«Die Folter dort ist einfach unsäglich.» Gefangener in der Zentrale des NSS-Geheimdienstes
«Wenn sie der Ansicht waren, dass du dich falsch verhalten hast, dann schlugen sie dich. Wenn die Soldaten betrunken zurückkamen, schlugen sie dich. Die Folter dort ist einfach unsäglich. Manche Gefangenen werden sogar mit Elektroschocks gefoltert. Die Inhaftierten werden bis zur Bewusstlosigkeit verprügelt», so Joseph gegenüber Amnesty International.
Die ehemaligen Gefangenen gaben zudem an, keinen Zugang zu ihren Familien und Rechtsbeiständen gehabt zu haben. In manchen Fällen scheinen es die Behörden den Rechtsbeiständen und Familien mit Absicht erschwert zu haben, die Gefangenen ausfindig zu machen, indem sie die Inhaftierten von einer Hafteinrichtung zur anderen verlegten.
Leere Versprechen
Am 10. März 2017 sagte Präsident Salva Kiir die Freilassung von politischen Gefangenen zu. Im August 2017 wurden etwa 30 Inhaftierte auf freien Fuss gesetzt. Im Dezember 2017 bei der Unterzeichnung des Abkommens über die Einstellung der Feindseligkeiten sowie im Juni 2018 bei der Unterzeichnung der Erklärung von Khartum betonte der Präsident erneut seine Absicht, politische Gefangene aus der Haft zu entlassen.
Nach wie vor werden tatsächliche oder vermeintliche GegnerInnen der Regierung willkürlich vom NSS festgenommen und inhaftiert.
Dennoch werden tatsächliche oder vermeintliche GegnerInnen bzw. DissidentInnen nach wie vor willkürlich von NSS-Angehörigen festgenommen und inhaftiert. Zuletzt wurde Dr. Peter Biar Ajak in Haft genommen, ein bekannter südsudanesischer Akademiker und Aktivist, der am 28. Juli 2018 am Flughafen von Juba festgenommen wurde. Er wird seither in der NSS-Zentrale in Juba festgehalten.
«Es ist absolut nicht vertretbar, dass die südsudanesischen Behörden ohne Rücksicht auf die Menschenrechte Personen festnehmen, foltern und misshandeln. Die Regierung muss diesen willkürlichen Inhaftierungen dringend Einhalt gebieten, indem sie die Gefangenen entweder umgehend freilässt oder sie einer international als Straftat anerkannten Handlung anklagt. Darüber hinaus müssen all diejenigen zur Rechenschaft gezogen werden, die für schwere Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle im Gewahrsam verantwortlich sind», betont Seif Magango.