In den zwei Monaten seit Beginn des Wahlkampfs in Uganda am 9. November 2020 sind Dutzende Menschen bei Unruhen und Protesten getötet und schwer verletzt worden. Die meisten Menschen wurden durch die Polizei, andere Sicherheitsbehörden sowie bewaffnete Personen in Zivil erschossen.
Am 18. und 19. November 2020 wurden bei Protesten 54 Menschen getötet. Die Unruhen folgten auf die Verhaftung des führenden oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Robert Kyagulanyi, bekannt als populärer Musiker «Bobi Wine». Der amtierende Präsident Yoweri Museveni und hohe Regierungsbeamte wie Sicherheitsminister General Elly Tumwine rechtfertigten die massive Gewalt.
«Die ugandischen Behörden müssen die anhaltende Anwendung von exzessiver Gewalt durch die Sicherheitskräfte, die willkürlichen Festnahmen und Inhaftierungen sowie die Angriffe auf Journalisten beenden. Sie müssen sicherstellen, dass die mutmasslichen Täter vor Gericht gestellt werden und dass die Opfer Zugang zur Justiz und zu wirksamen Rechtsmitteln erhalten», sagt Deprose Muchena, Amnesty-Regionaldirektor für das südliche und östliche Afrika.
Covid-19-Pandemie als Vorwand für Unterdrückung genutzt
Massnahmen zur Bekämpfung der Covid-19-Pandemie wurden unverhältnismässig gegen die Opposition angewandt, um Versammlungen der Opposition aufzulösen oder zu verhindern. Die Behörden haben die Anwendung von Gewalt als notwendig gerechtfertigt, um die Einhaltung der Massnahmen zur Eindämmung der Pandemie zu gewährleisten. «Es ist jedoch offensichtlich, dass in Uganda die Covid-19-Bestimmungen als Waffe eingesetzt und unverhältnismässig gegen die Opposition angewandt werden, um sie politisch zu unterdrücken und ihre Aktivitäten sowie ihre Rechte auf freie Meinungsäusserung und Vereinigungsfreiheit einzuschränken», so Deprose Muchena.
«Es ist offensichtlich, dass die Covid-19-Bestimmungen gegen die Opposition eingesetzt werden, um sie politisch zu unterdrücken und ihre Rechte auf freie Meinungsäusserung und Vereinigungsfreiheit einzuschränken.» Deprose Muchena, Amnesty-Regionaldirektor für das südliche und östliche Afrika
Während viele oppositionelle Präsidentschaftskandidaten auf der Wahlkampftour irgendeiner Form von Polizeigewalt ausgesetzt waren, konnten sich Anhänger*innen der regierenden NRM in grossen Menschenmengen versammeln, ohne von der Polizei daran gehindert zu werden.
Anhänger*innen der oppositionellen NUP-Partei von Robert Kyagulanyi wurden beschossen, mit Tränengas beworfen, geschlagen und willkürlich inhaftiert, ausserdem wurde ihnen wiederholt der Zugang zu asphaltierten Strassen, öffentlichen Plätzen und Hotels in vielen Teilen des Landes verwehrt.
Am 1. Dezember feuerte die Polizei Schüsse auf Kyagulanyis Auto ab, was ihn dazu veranlasste, seine Kampagne kurzzeitig zu unterbrechen. Seit seiner Rückkehr in den Wahlkampf trägt er nun einen Schutzhelm und eine kugelsichere Weste.
Besorgniserregende Rhetorik
Neben dem hohen Mass an Gewalt durch die Polizei und andere Sicherheitskräfte ist Amnesty International besorgt über die bedrohliche Rhetorik von hochrangigen Regierungsvertretern. Sicherheitsminister General Elly Tumwine sagte in Kampala nach den Tötungen durch die Polizei: «Die Polizei hat das Recht, auf dich zu schiessen und dich zu töten, wenn du ein bestimmtes Mass an Gewalt anwendest. Darf ich das wiederholen? Die Polizei oder jede andere Sicherheitsbehörde hat das Recht dazu.»
Präsident Museveni warnte seinerseits bei einer politischen Kundgebung in der Stadt Kotido im Norden Ugandas die Menschen vor Protesten und sagte, sie würden «zerquetscht» werden. Er hat auch zunehmend zu Anti-LGBTI*-Rhetorik gegriffen, was angesichts der Ugandas Geschichte von Angriffen auf LGBTI*-Menschen sehr besorgniserregend ist. «Einige dieser Gruppen werden von Aussenstehenden instrumentalisiert − die Homosexuellen und andere Gruppen, denen die Stabilität und Unabhängigkeit Ugandas nicht gefällt. Aber sie werden finden, wonach sie suchen», sagte Museveni.