Mitglieder der Organisation Madres Buscadoras  auf der Suche nach Überresten von Vermissten am Stadtrand von Hermosillo im mexikanischen Bundesstaat Sonora. © Alfredo Estrella / AFP via Getty Images WEITERE FOTOS BEI KLICK AUFS BILD
Mitglieder der Organisation Madres Buscadoras auf der Suche nach Überresten von Vermissten am Stadtrand von Hermosillo im mexikanischen Bundesstaat Sonora. © Alfredo Estrella / AFP via Getty Images WEITERE FOTOS BEI KLICK AUFS BILD

Verschwindenlassen in Lateinamerika #BuscarSinMiedo (#SuchenOhneAngst)

27. Februar 2025
Überall auf dem amerikanischen Kontinent suchen Menschen nach verschwundenen Angehörigen. Das Amnesty-Regionalbüro in Amerika engagiert sich seit 2024 mit der Kampagne #BuscarSinMie-do (Suchen ohne Angst) für die «Mujeres Buscadoras» (Suchende Frauen). Zwei Vertreterinnen der Kampagne besuchten die Schweizer Sektion im Januar 2025 und berichteten von den Gefahren der Suche.

Der amerikanische Kontinent ist bis heute eine der unsichersten Regionen für Menschenrechtsverteidiger*innen. In den 1960ern und 1970ern war es ein verbreitetes Phänomen, dass die Regierungen all diejenigen verschwinden liessen, die sich gegen sie ausgesprochen hatten oder die die Behörden als Gefahr wahrnahmen. Die Regierungen rechtfertigten ihre Aktionen, mit welchen sie die Opposition zum Schweigen brachten, mit dem Schutz der «öffentlichen Sicherheit» aufgrund gewalttätiger Auseinandersetzungen. Auch heute noch führen bewaffnete Konflikte, Unterdrückung durch den Staat und Gewalt dazu, dass hunderttausende Personen Opfer des Verschwindenlassens werden.

Nach diesen Verschwundenen suchen insbesondere weibliche Angehörige, da die kulturellen Erwartungen der Gesellschaft ihnen eine wichtige Rolle in der Familie zuschreiben – Mütter, Töchter, Schwestern, ... Die Angehörigen erfahren wenig Unterstützung durch die Regierungen, die sich eigentlich um die Suche kümmern sollten; oft sind sie sogar Drohungen, Anfeindungen, und Gewalt ausgesetzt. Die Frauen erleben dabei zusätzlich geschlechtsspezifische Diskriminierung. So erleben sie es beispielsweise immer wieder, dass die Behörden sie als Frauen in ihrem Anliegen nicht ernst nehmen. Oder sie erfahren gar sexualisierte Gewalt.

Um dem entgegenzutreten, wählte die Kampagne #BuscarSinMiedo eine geschlechtsspezifische Perspektive bei der Unterstützung der Menschen, die nach ihren Angehörigen suchen.

Suchende Angehörige in Kolumbien und Mexiko

Bei einem Besuch im Amnesty Büro in der Schweiz im Januar 2025 erzählten Andrea Bautista aus Kolumbien und Bibiana Mendoza aus Mexiko von der kräftezehrenden Arbeit bei der Suche nach Opfern des Verschwindenlassens.

Andrea Bautista berichtete, dass die Zahl der Verschwundenen in Kolumbien sehr hoch sei. Die kolumbianische Regierung tue nichts – was unter anderem auch daran liege, dass die für das Verschwindenlassen Verantwortlichen oft auch in der Regierung vertreten seien, wie zum Beispiel Vertreter*innen paramilitärischer Gruppen oder von im Drogenhandel tätigen Netzen. Ein Grossteil der Verschwundenen seien Kinder und Jugendliche aus der ärmsten Bevölkerungsschicht. Frauen, die nach ihren Angehörigen suchen, müssten oftmals die Arbeitsstelle wechseln, um Zeit für die Suche haben. So würden einige Frauen beispielsweise Fischerinnen, um auch während der Arbeit nach den Angehörigen Ausschau halten zu können.

Bibiana Mendoza verdeutlichte die Gefahr für die Suchenden in Mexiko am Beispiel einer Frau, die nach ihrem verschwunden Kind suchte. Während ihrer Suche wurden sowohl der Mann als auch das andere Kind ermordet. Von der Regierung gab es keinen Schutz und auch nach der Tat unternahmen die Behörden nichts. Deshalb setzen sich Bibiana Mendoza und die «Mujeres Buscadoras» auch für ein Gesetz ein, das sich mit den verschwundenen Personen befasst und Schutz für die Suchenden gewährleistet.

Suchen ohne Angst

Mit der Kampagne #BuscarSinMiedo (#SuchenOhneAngst), setzt sich Amnesty International dafür ein, dass die Angehörigen von Verschwundenen besser geschützt werden und dass die Regierungen ihrer Verantwortung endlich nachkommen. In einem im August 2024 veröffentlichten Bericht stellt Amnesty klar, dass die Menschen, die nach ihren Angehörigen suchen, Menschenrechtsverteidiger*innen sind. Nicht nur die Menschenrechte der Opfer des Verschwindenlassens würden durch die Regierungen verletzt, sondern auch die Rechte der nach ihnen Suchenden . Amnesty International fordert von betroffenen Regierungen, dass diese aktiv nach den Opfern des Verschwindenlassens suchen. Dabei müsse die Identität und das Geschlecht des Opfers in Betracht gezogen werden, damit eine Umgebung geschaffen wird, die die Suchenden unterstützt und sie vor Diskriminierungen, Gefahr, Drohungen und Verletzungen ihrer Menschenrechte bewahrt.