Am 26. Juli 1990 führte eine Gruppe Männer, die sich als Polizeibeamte ausgaben, acht Kinder und drei Jugendliche aus der Favela Acari in Rio de Janeiro ab. Von den elf jungen Menschen fehlt seither jede Spur.
«Die Tragödie von Acari ist die Folge von tief verwurzelten Problemen innerhalb der Sicherheitskräfte und des Justizsystems. Letzteres ist schlicht nicht in der Lage, Angehörige der Polizei für Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen», sagt Atila Roque, Direktor der brasilianischen Sektion von Amnesty International.
Obwohl es starke Indizien für die Beteiligung der Militärpolizei an diesem Verbrechen gab, wurden die Voruntersuchungen zu diesem Fall im Jahr 2010 eingestellt. Diese hatten unter anderem ergeben, dass die Polizei vor dem Vorfall die Jugendlichen wiederholt bedroht hatte.
Dieser Fall ist nicht nur schockierend wegen der anhaltenden Straflosigkeit, die einiges über den Zustand der Menschenrechte in Brasilien aussagt. Inakzeptabel ist auch die Tatsache, dass Angehörige der Verschwundenen in ihrem Streben nach Gerechtigkeit immer wieder physischen Attacken und Todesdrohungen ausgesetzt waren. Und es blieb nicht bei den Drohungen: 1993 wurde Edméia da Silva Euzébio brutal ermordert. Sie war die Mutter eines der Verschwundenen von Acari. 25 Jahre nach dem Vorfall sind einzig sieben Polizeibeamte dazu befragt worden.
«Die hohe Straflosigkeit und Polizeigewalt, die überdurchschnittlich oft junge Schwarze in den Favelas Rio de Janeiros trifft, zeigen, dass die Stadt noch eine gewaltige Aufgabe zu erledigen hat, bevor sie die Olympischen Spiele im August 2016 mit einer akzeptablen Menschenrechtsbilanz austragen kann», sagt Lisa Salza, Brasilienkoordinatorin der Schweizerischen Sektion von Amnesty International.