Hintergrundinformationen
Der Eintrag im Jahresbericht 2007 basiert auf Vorkomnissen und Daten aus dem Jahr 2006
Unvermindert hohe Kriminalitätsraten hatten Auswirkungen auf die gesamte Bevölkerung des Landes.
Verschiedene Gruppierungen protestierten gegen wirtschaftspolitische Massnahmen der Regierung. So kam es im Februar zu Demonstrationen gegen das Zentralamerikanische Freihandelsabkommen (CAFTA). Im Juni protestierten Ärzte gegen unzureichende Investitionen im Gesundheitssektor und in die Infrastruktur. Einige indigene Gemeinschaften in ländlichen Gebieten setzten sich weiterhin gegen den Abbau von Bodenschätzen in ihrer Region zur Wehr.
Im Februar veröffentlichte das Büro der Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte in Guatemala seinen ersten Bericht. Darin wurden unter anderem vermehrte Anstrengungen zur Vorbeugung von Menschenrechtsverletzungen und zum Schutz der Menschenrechte gefordert.
Im Lauf des Jahres wurden in einigen ländlichen Regionen zweimal die verfassungsmässig garantierten Grundrechte ausser Kraft gesetzt, als Armee- und Polizeieinheiten in gemeinsamen Operationen nach angeblichen Waffenlagern und Feldern mit illegalen Drogenpflanzen suchten. Mehrere Gruppen der Zivilbevölkerung protestierten gegen die Art und Weise dieser Razzien und äusserten den Vorwurf, sie seien politisch motiviert gewesen, da die Gemeinden in den betroffenen Regionen gegen die Regierungspolitik protestiert hatten.
Im Oktober genehmigte ein mexikanisches Gericht die Auslieferung des früheren Staatspräsidenten Alfonso Portillo, der im Januar 2004 unter der Anklage der Korruption aus dem Amt geschieden war. Gegen das Urteil wurden Rechtsmittel eingelegt.
Im Dezember einigte sich die Regierung mit den Vereinten Nationen auf eine Vereinbarung über die Einrichtung einer internationalen Kommission zur Bekämpfung der Straffreiheit in Guatemala. Aufgabe der Kommission soll es sein, die Generalstaatsanwaltschaft bei ihren strafrechtlichen Ermittlungen gegen illegale Strukturen und geheime Netzwerke innerhalb der Sicherheitskräfte zu unterstützen. Bis Ende 2006 war die Vereinbarung noch nicht zur Ratifizierung an den Kongress weitergeleitet worden.
Gewalt gegen Frauen
Laut Polizeistatistiken wurden mindestens 580 Frauen ermordet. Im Zusammenhang mit derartigen Verbrechen, die häufig auch mit sexueller Gewalt einhergingen, wurden nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft sechs Personen verurteilt.
Im Juni äusserte der Uno-Ausschuss für die Beseitigung jeder Form der Diskriminierung der Frau seine Besorgnis über Fälle von «Verschwindenlassen», Vergewaltigungen, Folterungen und Morden an Frauen und beklagte die tief verwurzelte Kultur der Straflosigkeit für solche Verbrechen. Im September billigte der Kongress die Gründung eines neuen staatlichen Instituts für forensische Wissenschaften (Instituto Nacional de Ciencias Forenses), in dem die forensischen Einrichtungen verschiedener Regierungsbehörden unter einem Dach zusammengeführt werden sollen. Ein Gesetz, das sexuelle Beziehungen zu weiblichen Minderjährigen nur dann unter Strafe stellt, wenn die Betreffende «ehrenhaft» ist, blieb weiterhin in Kraft.
Im Februar wurde die 25-jährige Prostituierte Silvia Patricia Madrid auf einer Strasse am Stadtrand von Guatemala-Stadt tot aufgefunden. Sie war erwürgt worden, ausserdem wies ihr Leichnam Anzeichen von sexueller Gewalt auf. Die Behörden unterliessen es, am Fundort der Leiche Beweisspuren zu sichern.
Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte
Den Vereinten Nationen zufolge mussten über 30 Prozent der Bevölkerung mit weniger als zwei US-Dollar pro Tag auskommen. Im ganzen Land herrschten nach wie vor enorme Einkommensunterschiede. Frauen, Angehörige indigener Gemeinschaften und Landbewohner zählten in eklatanter Überzahl zu den Bevölkerungsgruppen mit niedrigem Einkommen und eingeschränktem Zugang zu Gesundheitsversorgung und Bildung. Die Vertreibungen in ländlichen Gebieten setzten sich weiter fort und erreichten im Berichtsjahr eine Zahl von 29. Im Juli forderte der Uno-Ausschuss gegen Folter die Regierung auf, den Einsatz von übermässiger Gewalt zu unterbinden, Polizisten einer speziellen Ausbildung zu unterziehen und dafür zu sorgen, dass Anzeigen im Zusammenhang mit Zwangsvertreibungen gründliche Ermittlungen nach sich ziehen. Im April wurden etwa 400 Personen von der Kaffeeplantage San José La Mocá im Departement Alta Verapaz vertrieben. Die Arbeiter waren wegen mutmasslich ausstehender Lohnzahlungen mit dem Plantagenbesitzer in Streit geraten. Man zwang sie, sich an einer Strasse in der Nähe niederzulassen, wo sie keinen Zugang zu sauberem Wasser, Nahrungsmitteln oder Unterkünften hatten. Im Juli wurde ein Angehöriger der Gruppe getötet und 38 weitere verletzt, als es im Zusammenhang mit der Zwangsräumung zu weiteren Gewaltakten kam.
Drohungen, Einschüchterungsversuche und Straflosigkeit
Bei einem Besuch in Guatemala im Mai stellte die Uno-Hochkommissarin für Menschenrechte fest, dass im Kampf gegen die Straflosigkeit oder bei der Auflösung geheim operierender Gruppierungen keine nennenswerten Fortschritte zu verzeichnen waren. Mehr als die Hälfte der angezeigten 278 Übergriffe gegen Menschenrechtsverteidiger und Menschenrechtsorganisationen richtete sich gegen Personen und Einrichtungen, die sich für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte engagierten, darunter die Rechte von Arbeitern und Angehörigen indigener Gemeinschaften sowie das Recht auf Wohnraum.
Im Juni besuchten ein Richter und ein Staatsanwalt aus Spanien das Land, um in einem Fall von mutmasslichem Völkermord zu ermitteln sowie Zeugen und Verdächtige zu vernehmen. Die beiden Juristen wurden daran gehindert, den Fall weiterzuverfolgen, doch stellte der Richter im Juli internationale Haftbefehle gegen die fünf Beschuldigten aus – unter ihnen auch der frühere Staatspräsident General Efraín Ríos Montt.
Im Juli wurde Erwin Orrego, ein Mitglied der Vereinigung der Markthändler Guatemalas (Frente de Emergencia de Vendedores de Mercados de Guatemala), von Männern verschleppt, bei denen es sich um Polizisten gehandelt haben soll. Die Entführer drohten ihrem Opfer die Hinrichtung an. Nachdem Menschenrechtsorganisationen und die Medien die Behörden alarmiert hatten, kam Erwin Orrego wieder auf freien Fuss.
Todesstrafe
Eine Vorlage zur Abschaffung der Todesstrafe wurde abgelehnt, nachdem die zuständige Kommission im Kongress ein negatives Votum dazu abgegeben hatte. Zwei neue Vorlagen zur Schaffung eines Systems, das Begnadigungen von zum Tode Verurteilten erlaubt, fand hingegen die Zustimmung des Kongresses. Der Interamerikanische Gerichtshof für Menschenrechte hatte 2005 verfügt, dass aufgrund fehlender Begnadigungsmöglichkeiten keine Todesurteile vollstreckt werden dürfen.
In Befolgung von Entscheidungen des interamerikanischen Gerichts bezüglich der Definition von Kapitalverbrechen wurden die Todesurteile gegen neun Gefangene in 50-jährige Haftstrafen umgewandelt. 21 weitere Gefangene blieben hingegen vom Vollzug der Todesstrafe bedroht. Im Berichtsjahr verhängten die guatemaltekischen Gerichte keine neuen Todesurteile, auch Hinrichtungen fanden nicht statt.