Präsidentschaftswahlen in Guatemala Amnesty International wendet sich an die Kandidaten

30. August 2011
Im Hinblick auf die Wahlen vom 11. September 2011 hat sich Amnesty International mit einem offenen Brief an alle Präsidentschafts-KandidatInnen gewandt und ihre Besorgnis über die Situation der Menschenrechte in Guatemala ausgedrückt. Amnesty International verlangt, dass der/die zukünftige PräsidentIn sich dem Respekt und dem Schutz der Menschenrechte verpflichtet.

 

Den offenen Brief finden Sie nebenstehend auf Englisch und auf Spanisch. Es werden folgende  Themen aufgegriffen:

  • Straflosigkeit:
    Der neue Präsident/die neue Präsidentin muss die Verbrechen gegen die Menschlichkeit und andere Menschenrechts-verletzungen, die während des Bürgerkriegs begangen wurden aufklären und die Schuldigen bestrafen. Bis heute haben die grosse Mehrheit der 200'000 Opfer und ihre Familien keine Anerkennung der gegen sie begangenen Verbrechen und keine Wiedergutmachung von Seiten des Staates erhalten. In einigen verschwindend wenigen Fällen wurden die Schuldigen vor Gericht gestellt.
  • Sicherheitspolitik:
    Jedes Jahr werden in Guatemala Tausende von Morde und andere Gewaltakte verübt. Es ist die Pflicht der neuen Regierung, die zivile Sicherheit zu verbessern, dabei muss sie den Menschenrechten innerhalb ihrer Sicherheitspolitik Beachtung schenken. Amnesty erinnert die KandidatInnen daran, dass der Uno-Sonderberichterstatter zu aussergerichtlichen Hinrichtungen bei seinem letzten Besuch sagte: Guatemala ist ein guter Ort, „um Morde zu begehen, denn es ist fast hundertprozentig sicher, dass die Delikte nicht aufgeklärt und bestraft werden.“
  • Gewalt gegen Frauen:
    Amnesty International erwartet von der neuen Regierung, dass die Gewaltakte gegen Frauen aufgeklärt, die Opfer geschützt und die TäterInnen bestraft werden. Laut Berichten der Polizei wurden 2010 fast 700 Frauen ermordet, und nur in sehr wenigen Fällen sind die Täter vor Gericht gestellt worden. Das Klima der Straflosigkeit in Fällen von Feminizid und andere Gewalt gegen Frauen ist anhaltend. Die Regierung muss der Ausbildung des Personals im Polizei- und Gerichtswesen Priorität geben, um die Bewusstseinsbildung und die Effizienz in der Aufklärung von Gewalt gegen Frauen zu garantieren.
  • Zwangsräumungen:
    Das Problem der Landfrage ist offensichtlich erkennbar durch die  oft gewaltsamen Zwangsräumungen.Es sind vor allem die indigenen Gemeinden, die am meisten unter dem mangelnden Schutz der Regierung und dem fehlenden Reformwillen in der Agrargesetzgebung leiden. Amnesty International hat bereits in verschiedenen Fällen den sofortigen Stopp der Zwangsräumungen und eine gerechtere Agrarpolitik verlangt.
  • MenschenrechtsverteidigerInnen:
    Um die legitime Arbeit der MenschenrechtsverteidigerInnen zu verhindern, werden diese seit Jahren durch Todesdrohungen, Attacken und Einschüchterungen bedroht. Im Jahr 2010 berichteten die lokalen Menschenrechtsorganisationen über 305 Drohungen und Aggressionen gegen Menschenrechts-verteidigerInnen. Die überwiegende Mehrheit dieser Aggressionen wurden nie aufgeklärt. Besonders bedroht sind MenschenrechtsverteidigerInnen, die im Umfeld von Agrarkonflikten, Minenprojekten und Arbeitskonflikten arbeiten. Die neue Regierung muss den Schutz der Menschenrechts-verteidigerInnen gewährleisten.
  • Internationale Menschenrechtsabkommen
    Amnesty International verlangt von der neuen Regierung, dass sie den Verpflichtungen bezüglich den von Guatemala unterzeichneten internationalen Menschenrechtsverträgen nachkommt. Insbesondere müssen die Urteile des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshof ernst genommen und seine Empfehlungen umgesetzt werden. Auch sollte die Ratifizierung des Statut von Rom als ein vorrangiges Ziel gesetzt werden.