Erwin Sperisen.
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Am Montagabend, 3. September 2012, ordnete das Genfer Zwangsmassnahmengericht an, dass Erwin Sperisen wegen Fluchtgefahr weitere 3 Monate in Untersuchungshaft bleiben muss. Er soll wegen mehreren Morden, die er während seiner Zeit als nationaler Polizeichef von Guatemala zwischen 2004 und 2007 begangen haben soll, vor Gericht gestellt werden.
Die Schweizer Behörden haben Sperisen am Freitag, 31. August in Genf festgenommen. Aufgrund seiner schweizerisch-guatemaltekischen Doppelbürgerschaft kann er nicht an Guatemala ausgeliefert werden.
Flucht nach Österreich und Spanien
Auch andere frühere Regierungsmitglieder Guatemalas, die nach Europa geflüchtet sind – unter anderem nach Österreich und Spanien – sollen für mutmassliche Verbrechen im zentralamerikanischen Land zur Verantwortung gezogen werden.
«Die Verhaftung von Erwin Sperisen in der Schweiz sollte all jenen zu denken geben, die meinen, Rang und Status oder – wie im vorliegenden Fall – ein anderer Pass könnten sie vor der gerechten Strafe schützen», erklärte Sebastian Elgueta, Guatemala-Experte von Amnesty International.
Häftlinge getötet
Sperisen steht im Verdacht, den Auftrag für die aussergerichtliche Hinrichtung von vier Gefangenen erteilt zu haben, die im Jahr 2005 aus dem Gefängnis El Infiernito geflüchtet und auf der Flucht unter ungeklärten Umständen getötet worden waren. Weiter soll er für die aussergerichtliche Hinrichtung von sieben Insassen des Gefängnisses El Pavón im Jahr 2006 verantwortlich sein.
Im Jahr 2007 trat Sperisen von seinem Amt als Polizeichef zurück und floh gemeinsam mit mehreren Mitangeschuldigten nach Europa, ganz offensichtlich, um sich der Justiz zu entziehen. Er liess sich in der Schweiz nieder. Der ehemalige guatemaltekische Innenminister Carlos Vielman floh nach Spanien und der Vizepolizeichef Javier Figueroa nach Österreich, wo er Asyl erhalten hat.
Die österreichischen Behörden verhafteten Javier Figueroa im Mai 2011, nachdem ein Auslieferungsgesuch von Guatemala abgelehnt worden war. Zurzeit ist er nach wie vor in Untersuchungshaft.
Strafverfolgung ohne Grenzen
«Der Prozess gegen Guatemalas ehemaligen Polizeichef Erwin Sperisen sollte in den nächsten Monaten beginnen. Nun muss sich die Aufmerksamkeit darauf verlagern, was die österreichischen und spanischen Behörden tun, um sicherzustellen, dass die Vorwürfe von solch schwerwiegenden Menschenrechtsverletzungen rasch und unabhängig untersucht werden», sagte Elgueta.
«Sperisens Verhaftung zeigt, dass die Strafverfolgung keine Grenzen kennt. Dank der Zusammenarbeit der Strafverfolger und Ankläger verschiedener Länder können Leute, die im Verdacht stehen, schwere Menschenrechtsverletzungen begangen zu haben, zur Verantwortung gezogen werden. Wir fordern die österreichischen und spanischen Behörden dringend auf, alles zu tun, damit es für die Angehörigen von Opfern aussergerichtlicher Hinrichtungen Gerechtigkeit geben kann.»