Der am 4. Oktober veröffentlichte Folgebericht von Amnesty International zu sexueller Gewalt in Kolumbien Colombia: Hidden from justice. Impunity for conflict-related sexual violence («Hinter dem Rücken der Justiz. Straflosigkeit für konfliktbezogene sexuelle Gewalt») fragt nach dem Erfolg von Massnahmen, die die Regierung im vergangenen Jahr eingeleitet hat, um die grassierende sexuelle Gewalt zu bekämpfen. Viele solche Gewalttaten werden im Zusammenhang mit dem bewaffneten Konflikt begangen, um Dorfgemeinschaften zu terrorisieren, sie zur Flucht zu bewegen oder sich am Feind zu rächen. Namentlich Frauen, die sich öffentlich gegen die Verletzung von Menschenrechten und Frauenrechten engagieren, werden oft selbst Opfer sexueller Übergriffe. Ernüchterndes Fazit der Untersuchungen von Amnesty International: Die Regierung tut nach wie vor zu wenig, um sexuelle Gewalt effizient zu bekämpfen, und sendet damit ein falsches Signal an die Täter. Diese können weiterhin darauf zählen, dass sie straffrei davonkommen.
Zwar gibt es Zeichen der Hoffnung. Zu diesen zählt ein Gesetzesentwurf, der den Opfern von sexueller Gewalt den Zugang zur Justiz garantieren soll. Falls er angenommen wird, müsste das Strafgesetz dahingehend revidiert werden, dass u.a. sexuelle Gewalt als Verbrechen gegen die Menschlichkeit anerkannt würde. Andere Gesetzesinitiativen, die beim Kongress anhängig sind und Mechanismen der Straffreiheit stärken sollen, könnten allerdings das Gegenteil bewirken: nämlich dass Menschenrechtsverletzungen und Verstösse gegen das Humanitäre Völkerrecht, die von Sicherheitskräften, Paramilitärs und Angehörigen der Guerilla begangen werden, straffrei bleiben.
Im Rahmen der bevorstehenden Friedensverhandlungen sollten sich alle Konfliktparteien verpflichten, die Menschenrechte einzuhalten und Gewalt gegen Frauen zu stoppen, forderte Marcelo Pollack, Kolumbien-Experte von Amnesty International, anlässlich der Lancierung des Berichts.