Die Wounaan-Gemeinschaften im Departement Chocó sind noch immer unmittelbar vom Konflikt betroffen. Juni 2017. © AI
Die Wounaan-Gemeinschaften im Departement Chocó sind noch immer unmittelbar vom Konflikt betroffen. Juni 2017. © AI

Kolumbien Vertreibungen und Gewalt im Chocó

22. August 2017
Die Umsetzung des Friedensabkommens zwischen der Regierung und der Farc-Guerilla in Kolumbien stellt die Beteiligten vor zahlreiche Herausforderungen. Legale und illegale bewaffnete Akteure und Akteurinnen liefern sich in ländlichen und abgelegenen Gegenden noch immer Gefechte.

Gemäss offiziellen Zahlen ist im Zeitraum zwischen dem Beginn der Friedensverhandlungen und der Unterzeichnung des Abkommens die Zahl der im Zusammenhang mit dem Konflikt getöteten Zivilpersonen zurückgegangen. Der Konflikt schwelt jedoch weiter; die gewaltsamen Auseinandersetzungen haben insbesondere in der Region des Pazifiks zugenommen.

Paramilitärs und Tretminen in indigenen und afrokolumbianischen Territorien

Amnesty International weist mit grosser Besorgnis auf die humanitäre Lage im Departement Chocó hin. Dort kommt es noch immer zu Kriegsverbrechen und massiven Menschenrechtsverletzungen, namentlich zu selektiven Hinrichtungen von Angehörigen afrokolumbianischer und indigener Gemeinschaften, zu kollektiven Zwangsvertreibungen und zu Zwangsrekrutierungen von Minderjährigen.

Berichte weisen auf mindestens zwei paramilitärische Interventionen in Chocó im laufenden Jahr hin. Die paramilitärischen Aktivitäten und das Eindringen mehrerer solcher Einheiten in das Siedlungsgebiet verschiedener Gemeinschaften am 6. März und am 18. April führten zur Vertreibung von zahlreichen Familien und säten Angst bei den BewohnerInnen.

Scharmützel zwischen der ELN-Guerilla, paramilitärischen Einheiten und Angehörigen der kolumbianischen Streitkräfte haben in dieser Region seit der Unterzeichnung des Friedensabkommens zugenommen.

Ein weiteres Risiko für die BewohnerInnen der Region stellen die Tretminen dar, die Menschenrechtsorganisationen zufolge vom ELN gelegt werden, um das Vordringen paramilitärischer Gruppen zu verhindern. Betroffen sind mehrheitlich indigene und afrokolumbianische Territorien. Am 11. Juli wurde ein 18-Jähriger durch die Explosion einer Tretmine am rechten Bein schwer verletzt: Sebastián Carpio Mecheche gehört einer Wounaan-Gemeinschaft im Departement Chocó an.

Waffenstillstand bedingt Schutzmassnahmen für lokale Gemeinschaften

Für Amnesty International steht fest, dass ein Waffenstillstandsabkommen zwischen dem ELN und der Regierung Schutzmassnahmen für diejenigen Gemeinschaften vorsehen muss, die vom Konflikt historisch am meisten betroffen sind. Solche Massnahmen müssen unter Einbezug der betroffenen Personen und Gemeinschaften formuliert werden.

Gleichzeitig steht die kolumbianische Regierung in der Pflicht, paramilitärische Einheiten mit sofortiger Wirkung zu entwaffnen und aufzulösen. Das Verhindern gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen bewaffneten Akteuren und Akteurinnen sowie der Schutz der Menschenrechte sind unabdingbare Voraussetzungen für die Umsetzung des Friedensabkommens in allen Regionen des Landes.