Die kubanische Regierung hatte am 8. Juli 2010 angekündigt, nur fünf Gefangene rasch zu entlassen; die restlichen Häftlinge sollen erst innerhalb der nächsten drei bis vier Monate freikommen. Die Männer sind seit der grossen Verhaftungswelle vom März 2003 im Gefängnis und wurden einzig aufgrund der friedlichen Ausübung ihrer Rechte auf Meinungs-, Versammlungs- und Vereinigungsfreiheit inhaftiert.
Ein von Amnesty International als gewaltloser politischer Gefangener anerkannter Häftling soll von den Freilassungsplänen ausgenommen werden. Der Anwalt Rolando Jiménez Posada wurde aufgrund von «Missachtung der Staatsgewalt und Verrat von Geheimnissen der Staatssicherheitspolizei» zu einer zwölfjährigen Haftstrafe verurteilt, einzig und allein deshalb, weil er friedlich seine Unterstützung für die politischen Gefangenen bekundet hatte. Amnesty International ruft die kubanische Regierung dazu auf, auch ihn sofort und bedingungslos freizulassen.
Häftling nach Hungerstreik gestorben
Die Ankündigung der kubanischen Regierung, politische Gefangene freizulassen, erfolgt viereinhalb Monate nach dem Tod des gewaltlosen politischen Gefangenen Orlando Zapata Tamayo, der am 22. Februar dieses Jahres nach einem elfwöchigen Hungerstreik in Haft gestorben war. Ein weiterer Dissident, der unabhängige Journalist Guillermo Fariñas, war daraufhin ebenfalls in einen Hungerstreik getreten, um die Freilassung der gewaltlosen politischen Gefangenen zu fordern. Eigenen Angaben zufolge befindet er sich momentan kurz vor dem Tod.
Die Ankündigung der Freilassungen folgt ausserdem auf Verhandlungen Kubas mit der katholischen Kirche und dem spanischen Aussenminister Miguel Ángel Moratinos. Dieser sagte, die freigelassenen Gefangenen und ihre Familien könnten sich in Spanien niederlassen. Unklar ist, ob diese Auswanderung freiwillig erfolgen würde, ob die Männer also die Option erhalten, in Kuba zu bleiben. Sie zur Ausreise zu zwingen, wäre ein erneuter Versuch, die Meinungs- und Bewegungsfreiheit in Kuba zu unterdrücken.
Umfassende Reformen nötig
Klar ist, dass Freilassungen gewaltloser politischer Gefangener allein nicht ausreichen, um die Menschenrechte auf Kuba zu garantieren. Notwendig sind neben einem solchen zweifellos positiven Schritt umfassende rechtliche Reformen, da sonst eine erneute Inhaftierung dieser oder anderer DissidentInnen jederzeit wieder möglich wäre.
Die aktuelle kubanische Gesetzgebung steht im Widerspruch zu internationalen Standards - die Gesetze sind extrem vage formuliert, ihre Interpretation obliegt dem Staat und ermöglicht ihm, politisch Andersdenkende zu kriminalisieren. Unabhängige Medienschaffende, MenschenrechtsaktivistInnen und Menschen, die sich ausserhalb der von der Regierung eingerichteten Institutionen politisch betätigen, werden immer wieder bedroht, zu Geldstrafen verurteilt, gesellschaftlich benachteiligt oder inhaftiert.
Erst, wenn die kubanische Gesetzgebung überarbeitet und allen Kubanern und Kubanerinnen in der Praxis ihre bürgerlichen und politischen Freiheiten gewährt werden, kann man von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage in Kuba sprechen.