Jahresbericht 2007 Menschenrechtssituation in Mexiko

Hintergrundinformationen Der Eintrag im Jahresbericht 2007 basiert auf Vorkomnissen und Daten aus dem Jahr 2006 Die hohe Gewaltkriminalität und die von Unsicherheit geprägte Lebenssituation vieler ...
Hintergrundinformationen

Der Eintrag im Jahresbericht 2007 basiert auf Vorkomnissen und Daten aus dem Jahr 2006

Die hohe Gewaltkriminalität und die von Unsicherheit geprägte Lebenssituation vieler Menschen beherrschten im Berichtsjahr das politische Geschehen. Im November bekannten sich dem Vernehmen nach mehrere bewaffnete Oppositionsgruppen zur Explosion von drei Sprengsätzen in Mexiko-Stadt. Migranten aus Mexiko und mittelamerikanischen Ländern, die die Grenze zu den USA zu überqueren versuchten, sahen sich durch die geplante Erweiterung des Grenzzauns seitens US-Behörden in zunehmendem Maß gefährdet.

Die Präsidentschaftswahlen und ihre Folgen

Nach der Bekanntgabe der Wahlergebnisse stellte Andrés Manuel López Obrador, der Kandidat der Partei der Demokratischen Revolution (Partido de la Revolución Democrática – PRD) und Zweitplatzierter bei der Präsidentschaftswahl, die Fairness des Urnengangs und den knappen Vorsprung seines Widersachers von der PAN-Partei in Frage.

Nach wochenlangen Straßenprotesten von PRD-Unterstützern, die eine Neuzählung aller Stimmen forderten, entschied das Bundeswahlgericht, es müsse nur eine Teilneuzählung geben. Im September bestätigte das Gericht Felipe Calderón als Wahlsieger. Andrés Manuel López Obrador und dessen Anhänger weigerten sich jedoch, das Wahlergebnis zu akzeptieren, und stellten im November eine « Parallelregierung»auf. Am 1. Dezember legte Felipe Calderón den Amtseid ab, ohne sich zur Stärkung des Menschenrechtsschutzes zu verpflichten. Gegen die Ernennung des Gouverneurs von Jalisco zum neuen Innenminister wurden Bedenken laut, da dieser während seiner Amtszeit keine Massnahmen ergriffen hatte, um schwere Menschenrechtsverletzungen im Bundesstaat Jalisco zu verhindern beziehungsweise zu ahnden.

Internationale Menschenrechtsmechanismen und Reformen

Die mexikanische Regierung unterzog sich Prüfungen durch sechs thematische Uno-Ausschüsse, welche die Einhaltung der vertraglichen Verpflichtungen des Landes bewerteten. Dazu gehörten die Ausschüsse zur Überwachung des Übereinkommens über die Rechte des Kindes, des Übereinkommens zur Beseitigung jeder Form von Rassendiskriminierung, des Internationalen Pakts über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, des Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe und der Konvention zum Schutz der Rechte aller Wanderarbeiter und ihrer Familien. Die verschiedenen Ausschüsse sprachen eine Reihe von Empfehlungen aus. Die Regierung unter Staatspräsident Vicente Fox unterstützte im Berichtsjahr Uno-Reformen zur Förderung der Menschenrechte. Mexiko übernahm zudem den Vorsitz im neu geschaffenen Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen.

Bei den Menschenrechtsinitiativen der Regierung waren im eigenen Land indes nur wenige Fortschritte zu verzeichnen. So blieb die Umsetzung des staatlichen Menschenrechtsprogramms hinter den Erwartungen zurück. Die Bundesjustizbehörden veröffentlichten im Berichtszeitraum die Ergebnisse ihrer Konsultationen über Reformen des Justizwesens. Bis auf einige Neuerungen im Jugendstrafrecht gab es nahezu keine Fortschritte bei der geplanten Einführung verfassungsrechtlicher und anderer gesetzlicher Reformen, um den Schutz der Menschenrechte bei Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung sowie im Strafjustizsystem zu gewährleisten.

Die Krise in Oaxaca

Im Juni ging die Polizei des Bundesstaates Oaxaca mit exzessiver Gewalt gegen streikende Lehrer vor, die das Zentrum von Oaxaca besetzt und das öffentliche Leben in der Stadt zum Erliegen gebracht hatten. Zur Unterstützung der Lehrer und zur Durchsetzung ihrer Forderung nach dem Rücktritt des Gouverneurs gründeten Bürger die oppositionelle Organisation Asamblea Popular del Pueblo de Oaxaca (APPO) und besetzten ihrerseits mehrere öffentliche Gebäude sowie einen Fernsehsender und einige Radiostationen. Polizisten des Bundesstaates, die häufig in Zivilkleidung auftraten, sollen auf APPO-Unterstützer geschossen haben, wobei mindestens zwei Menschen getötet und viele weitere verletzt wurden. Die Anhänger der APPO errichteten Barrikaden und blockierten damit Durchgangsstraßen in der Stadt. Während der Krise sollen Angehörige der Polizei des Bundesstaates mehrere Lehrer und APPO-Unterstützer willkürlich festgenommen, ohne Kontakt zur Aussenwelt in Haft gehalten und gefoltert haben, bevor man sie auf der Grundlage mutmaßlich konstruierter Beweise unter Anklage stellte.

Ende Oktober sollen Angehörige der städtischen sowie der bundesstaatlichen Polizei gegen Barrikaden der APPO-Anhänger vorgegangen sein und dabei drei Zivilisten getötet und zahlreiche weitere verletzt haben. Etwa 4500 Beamte der Bundespolizeieinheit Policía Federal Preventiva (PFP) setzten in der Stadt Tränengas, Schlagstöcke und Wasserwerfer ein. Einige Demonstranten reagierten auf die Polizeiaktionen mit Gewalt, etliche wurden daraufhin festgenommen. Viele von ihnen sollen in der Haft von PFP-Angehörigen geschlagen und bedroht worden sein. Nach Zusammenstößen mit der Polizei wurden im November mehr als 140 Personen festgenommen, die großenteils nicht an Gewalttaten beteiligt gewesen sein sollen. Mehrere Häftlinge wurden dem Vernehmen nach geschlagen und erhielten weder Zugang zu ihren Familien noch zu medizinischer Versorgung oder rechtlichem Beistand. Mehr als 90 Gefangene befanden sich Ende des Berichtsjahrs noch in Haft.

Anfang November kehrten viele Lehrer wieder an ihre Schulen zurück, einige wurden jedoch bedroht oder festgenommen. Im Dezember wurden zahlreichen Sprechern und Unterstützern der APPO Haftbefehle zugestellt, die aus der Krise datierten. Einige Haftverfügungen gründeten sich Berichten zufolge auf konstruierten Beweisen. Es bestand Anlass zu Befürchtungen, dass Personen, die sich lediglich an friedlichen Protesten beteiligt hatten, festgenommen und in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt werden würden. Im Verlauf der Krise sollen über 17 Zivilisten getötet und etliche weitere verletzt worden sein. Dennoch hatten bis Ende des Jahres weder die bundesstaatlichen noch die einzelstaatlichen Behörden Vorwürfe über schwere Menschenrechtsverletzungen wirksam untersucht.

Am 27. Oktober wurde der US-Reporter Bradley Roland Will an einer Straßenbarrikade erschossen, als er Zusammenstöße zwischen Demonstranten und bewaffneten Männern filmte, bei denen es sich, wie sich später herausstellte, um Mitglieder der örtlichen Regierungspartei handelte. Zwei Mitglieder der Partei wurden zunächst festgenommen, später aber wieder freigelassen, nachdem die bundesstaatlichen Behörden APPO-Unterstützer für die Gewalt verantwortlich gemacht hatten. Es wurden ernste Zweifel an der Unabhängigkeit der offiziellen Untersuchung laut.

Am 29. Oktober starb Jorge Alberto López Bernal, nachdem er von einem Tränengaskanister getroffen worden war, den die PFP abgefeuert haben soll. Die mexikanischen Bundesbehörden leiteten jedoch weder in diesem Fall noch bezüglich der übrigen Berichte über mutmaßlich von PFP-Angehörigen begangene Menschenrechtsverletzungen strafrechtliche Ermittlungen ein.

Exzessiver Gewalteinsatz und öffentliche Sicherheit

Die oftmals mit Drogenhandel verbundene hohe Zahl an Gewaltverbrechen gefährdete in vielen Landesteilen die öffentliche Sicherheit. Zudem führten massive Polizeiaktionen gegen Demonstranten zu schweren Menschenrechtsverletzungen.

Im April gingen Angehörige der Bundespolizei und bundesstaatlicher Polizeieinheiten gegen Bergarbeiter vor, die den Zugang zum Stahlwerk Lázaro Cárdenas im Bundesstaat Michoacán blockiert hatten. Bei den darauffolgenden Zusammenstössen wurden José Luis Castillo Zúñiga und Héctor Álvarez Gómez von der Polizei erschossen. Unter den 54 Verletzten befanden sich auch mehrere Polizisten. Im Oktober kam die staatliche Menschenrechtskommission zu dem Schluss, dass Angehörige der Bundes- wie der einzelstaatlichen Polizei rechtswidrig gehandelt und exzessive Gewalt eingesetzt hatten, und forderte strafrechtliche Ermittlungen. Die Behörden lehnten es jedoch ab, dieser Forderung nachzukommen.

Am 3. Mai kam es in der Stadt Texcoco zu gewalttätigen Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei des Bundesstaates México. Dies führte zu einem Großeinsatz sowohl der Bundespolizei als auch einzelstaatlicher Polizeieinheiten in der Nachbarstadt San Salvador Atenco, wo mehrere Polizisten als Geiseln gehalten worden sein sollen. Die Polizei ging mit Tränengas, Schlagstöcken und Schusswaffen gegen Bewohner des Ortes vor und nahm innerhalb von zwei Tagen 211 Menschen fest. Viele der Festgenommenen wurden während des Transports ins Gefängnis des Bundesstaates mehrfach geschlagen und gefoltert. Ende des Jahres befanden sich noch 26 Personen unter dem Vorwurf der Entführung in Haft, obwohl Zweifel an der Schlüssigkeit der vorgelegten Beweise und der Fairness des Verfahrens geäußert worden waren. Selbst Magdalena García Durán, die vor einem Bundesgericht eine einstweilige Verfügung gegen ihre Inhaftierung erwirkt hatte, blieb in Haft. Gegen mehrere Angehörige der Polizei von México waren Ende des Berichtsjahrs noch Ermittlungen wegen Körperverletzung anhängig.

Gewalt gegen Frauen

Gewalt gegen Frauen und Diskriminierung aufgrund des Geschlechts waren im ganzen Land nach wie vor weitverbreitet. Die vom mexikanischen Kongress eingerichtete Kommission zur Aufklärung von Frauenmorden legte im Berichtsjahr eine umfassende Dokumentation über vorsätzliche Tötungen von Frauen in zehn Bundesstaaten vor. In dem Bericht wurde insbesondere beklagt, dass die einzelstaatlichen Behörden nach wie vor keine verlässlichen Daten über geschlechtsspezifische Gewalt zusammengestellt und zudem keine wirksamen Massnahmen zu deren Verhütung und Bestrafung eingeleitet hatten. Auf Bundesebene wurde ein Gesetz verabschiedet, welches das Recht von Frauen auf ein Leben ohne Gewalt festschrieb. Im Februar nahm eine Sonderabteilung der Generalstaatsanwaltschaft für Fälle von Gewalt gegen Frauen ihre Arbeit auf.

Meldungen über Morde an Frauen in Ciudad Juárez und der Stadt Chihuahua rissen im Berichtsjahr nicht ab. Die Behörden des Bundesstaates Chihuahua reagierten auf die neuen Morde mit konsequenteren Maßnahmen als in früheren Jahren. Dennoch leiteten sie in vielen zurückliegenden Fällen keine strafrechtlichen Ermittlungen ein, auch die für Versäumnisse bei früheren Ermittlungen verantwortlichen Beamten wurden nicht zur Rechenschaft gezogen. Die Generalstaatsanwaltschaft schloss ihre Untersuchung von Fällen aus den Vorjahren ab, unterließ es aber, das ganze Ausmass geschlechtsspezifischer Gewalt in Ciudad Juárez in den vergangenen 13 Jahren deutlich herauszustellen. Kritiker warfen ihr deshalb vor, sie wolle die Morde und Entführungen von Frauen in der Grenzstadt herunterspielen.

Nach zweieinhalb Jahren Haft wurde im Juni David Meza Argueta des 2003 in Chihuahua begangenen Mordes an Nayra Azucena Cervantes freigesprochen. Die Grundlage des Verfahrens bildete sein mutmasslich unter Folterungen durch die Justizpolizei von Chihuahua erpresstes «Geständnis». David Meza Argueta reichte Klage wegen Folter gegen Behördenvertreter des Bundesstaates ein. Zwei Beamte der Justizpolizei des Bundesstaates Chihuahua sollen entlassen worden sein, weil sie Berichten zufolge bei Verhören Folter angewandt hatten.

Im Mai wurden bei einem Polizeieinsatz in San Salvador Atenco im Bundesstaat México 47 Frauen festgenommen und in ein Gefängnis gebracht. Später gaben über 26 dieser Frauen gegenüber der staatlichen Menschenrechtskommission an, während des Transports von Polizeibeamten des Bundesstaates sexuell missbraucht oder vergewaltigt worden zu sein. Bis Ende des Jahres hatte die auf einzelstaatlicher Ebene eingeleitete Untersuchung lediglich zur Anklageerhebung gegen einen der beteiligten Polizisten wegen geringfügiger Vergehen geführt.

Willkürliche Festnahmen, Folterungen und unfaire Verfahren

Willkürliche Festnahmen, Misshandlungen, Folterungen und Verstösse gegen das Recht von Straftatverdächtigen auf ein rechtsstaatliches Verfahren waren nach wie vor an der Tagesordnung. Die Gerichte ignorierten weiterhin Vorwürfe über derartige Verstöße. Gefangene erhielten in der Anfangszeit der Haft oftmals keinen Zugang zu einem Rechtsbeistand, während die von den Behörden bestimmten Pflichtverteidiger ihrer Aufgabe nicht nachkamen, das Recht auf eine effektive Verteidigung zu garantieren. Sozial benachteiligten Bevölkerungsgruppen wie indigenen Gemeinschaften wurden in vielen Fällen sogar Mindeststandards für ein faires Gerichtsverfahren verweigert.

Im Mai wurden die beiden Indigenen Aureliano Álvarez Gómez und Tiburcio Gómez Pérez im Zusammenhang mit einer angeblichen Entführung in Huitiupán im Bundesstaat Chiapas ohne Vorlage eines Haftbefehls festgenommen. Bei den Verhören sollen Polizisten des Bundesstaates brutal auf die beiden Männer eingeschlagen haben. Zudem gewährte man ihnen weder einen rechtlichen Beistand, noch wurden sie unter Anklage gestellt. Stattdessen blieben sie auf Anordnung der Justizbehörden über 50 Tage lang in einem der Staatsanwaltschaft unterstehenden Haus in Sicherungsverwahrung. Die Behörden verweigerten Rechtsanwälten einer lokalen Menschenrechtsorganisation vier Tage lang den Zugang zu den Männern. Während der danach erlaubten Besuche waren weder Gespräche unter vier Augen möglich, noch durften die Juristen die sichtbaren Verletzungen der Gefangenen dokumentieren. Erst im Juni wurden die beiden Männer angeklagt und in das Gefängnis El Amate überstellt, wo Mithäftlinge sie offenbar mit Duldung der Vollzugsbehörden gefoltert haben sollen. Nach Kenntnis von amnesty international war bis Ende des Berichtsjahrs keine Untersuchung der Behandlung der zwei Männer in der Haft eingeleitet worden.

Am 4. Mai schlugen und traten Angehörige der bundesstaatlichen Polizei in der Wohnung von José Gregorio Arnulfo Pacheco wiederholt auf den Mann ein. Die spätere Diagnose lautete auf mehrere gebrochene Rippen, einen Riss in der Luftröhre, Schädelverletzungen und schwere Prellungen. José Gregorio Arnulfo Pacheco wurde Ende Juli aus der Haft entlassen, nachdem ein Richter eingeräumt hatte, dass er aufgrund einer schweren Erkrankung körperlich nicht in der Lage gewesen war, die ihm von der Polizei angelasteten Straftaten zu begehen. Die Generalstaatsanwaltschaft legte gegen die Freilassung Rechtsmittel ein, eine Entscheidung darüber stand Ende des Berichtsjahrs noch aus.

Journalisten und Menschenrechtsverteidiger

Zehn Journalisten wurden offenbar als Vergeltungsmaßnahme für ihr berufliches Engagement getötet, zahlreiche weitere erhielten Drohungen. Besonders gefährdet waren Journalisten, die auf dem Gebiet des organisierten Verbrechens recherchierten. Ermittlungen eines von der Bundesregierung eingesetzten Sonderstaatsanwalts führten nicht zur strafrechtlichen Verfolgung der Täter. Auch Menschenrechtsverteidiger sahen sich in vielen Bundesstaaten Einschüchterungsversuchen und Schikanen seitens der Justiz ausgesetzt.

Im September dehnte der Oberste Gerichtshof des Landes Ermittlungen über den Missbrauch des Strafrechts im Fall der Journalistin und Frauenrechtlerin Lydia Cacho aus, die seit Dezember 2005 wegen Diffamierung unter Anklage stand. Die Ermittlungen waren Ende des Berichtszeitraums noch nicht abgeschlossen.

Im Januar kam Martín Barrios von der Kommission für Menschen- und Arbeitsrechte im Tehuacán-Tal (Comisión de Derechos Humanos y Laborales del Valle de Tehuacán) in Tehuacán im Bundesstaat Puebla aus der Haft frei, nachdem seine fortgesetzte Inhaftierung auf nationaler und internationaler Ebene kritisiert und unbegründet gegen ihn erhobene Anklagen wegen Erpressung fallengelassen worden waren. Einen Monat später erhielten er und weitere Mitglieder der Organisation Berichten zufolge Warnungen, sie seien aufgrund ihres Menschenrechtsengagements in großer Gefahr.

Straflosigkeit für Verbrechen der Vergangenheit

Wie von verschiedenen Seiten befürchtet, erbrachte die Arbeit der Sonderstaatsanwaltschaft Fiscalía Especial para Movimientos Sociales y Políticos del Pasado (FEMOSPP), die eingesetzt worden war, um die Verantwortlichen für während des »schmutzigen Krieges« in den 1960er, 1970er und 1980er Jahren begangene Menschenrechtsverletzungen strafrechtlich zu verfolgen, keine greifbaren Ergebnisse. Das Militär war Berichten zufolge weiterhin nur zu einer eingeschränkten Zusammenarbeit bereit. Die FEMOSPP stellte ihrerseits Entscheidungen der Militärgerichtsbarkeit nicht in Frage, die wiederholt Angehörige der Streitkräfte, denen schwere Menschenrechtsverletzungen zur Last gelegt wurden, straffrei davonkommen liess. Die Regierung unter Staatspräsident Vicente Fox erklärte die Arbeit der FEMOSPP dennoch für beendet und ordnete im November die Auflösung der Sonderstaatsanwaltschaft an.

Im Februar erschien auf einer Internetseite ein Berichtsentwurf der Wahrheitskommission der FEMOSPP, der offenbar durchgesickert war. Darin wurden über 700 Fälle von «Verschwindenlassen», mehr als 100 extralegale Hinrichtungen und über 2000 Folterfälle dokumentiert, die während des «schmutzigen Krieges» von den Streitkräften und Angehörigen der Sicherheitsdienste verübt worden waren. Noch in den letzten Regierungstagen unter Präsident Fox wurde eine abgeschwächte Version des Berichts offiziell im Internet veröffentlicht, allerdings gab die Regierung weder die vollständigen Ergebnisse bekannt, noch sicherte sie den Opfern und ihren Angehörigen das Recht auf Wahrheit, Gerechtigkeit und Entschädigung zu.

Im November entschied ein Bundesgericht im Berufungsverfahren, dass die Verjährungsfrist für die Anklagen wegen Völkermord gegen den ehemaligen Staatspräsidenten Luis Echeverría im Zusammenhang mit dem Massaker vom Tlatelolco-Platz im Jahr 1968 noch nicht abgelaufen sei.

Im Mai wurde die strafrechtliche Verfolgung von Miguel Nazar Haro, dem ehemaligen Leiter des Bundessicherheitsdienstes (Dirección Federal de Seguridad), und weiteren Angehörigen der Sicherheitskräfte eingestellt, denen das «Verschwindenlassen» von Jesús Piedra Ibarra im Jahr 1976 zur Last gelegt worden war. Im September hob ein Richter den gegen Miguel Nazar Haro verhängten Hausarrest auf, nachdem ein zweites Verfahren gegen ihn wegen Menschenrechtsverletzungen in den 1970er Jahren gleichfalls eingestellt worden war.

Wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte

Der Uno-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte kam im Berichtsjahr zu dem Schluss, dass trotz der Bemühungen der Regierung nach wie vor 40 Millionen Menschen in Mexiko in Armut lebten. Betroffen waren vor allem indigene Gemeinschaften und andere sozial benachteiligte Gruppen.

Indigene und kleinbäuerliche Gemeinschaften, denen aufgrund des geplanten Baus des Parota-Staudamms im Bundesstaat Guerrero die Vertreibung aus ihren Siedlungsgebieten drohte, obwohl per Gerichtsbeschluss ein Baustopp erwirkt wurde, waren nach wie vor Einschüchterungsversuchen ausgesetzt.