Miriam López, Folteropfer in Mexiko. © Agencia Reforma
Miriam López, Folteropfer in Mexiko. © Agencia Reforma

Mexiko 100 Tage nach Peña Nietos Amtsantritt Noch keine Verbesserung der Menschenrechtssituation

Seit über hundert Tagen ist Mexikos neuer Präsident Enrique Peña Nieto nun im Amt. Im Bereich der Menschenrechte werden die wenigen Massnahmen, die seine Regierung bisher getroffen hat, der gravierenden Situation in keiner Weise gerecht.

«Vieles deutet leider darauf hin, dass auch diese Regierung dem Schutz der Menschenrechte keine hinreichende Priorität einräumt», sagt Christine Heller, Länderexpertin von Amnesty International Schweiz. «Sie sollte einen klaren Schussstrich unter die leeren Versprechungen der Vorgängerregierung ziehen. Die andauernde Missachtung von Menschenrechten muss aufhören, ebenso die Straflosigkeit korrupter Beamter und Militärs.»

Vergangenen Dezember hatte der Generalsekretär von Amnesty International den neuen Präsidenten nach dessen Amtsantritt in einem Brief aufgefordert, konsequent gegen die weit verbreiteten Menschenrechtsverletzungen in seinem Land vorzugehen. Eine substanzielle Reaktion blieb bis heute aus. Amnesty International hatte Mexiko aufgefordert, in der Politik der öffentlichen Sicherheit einen radikalen Wechsel einzuleiten und zu gewährleisten, dass schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen wie Folter, Misshandlungen oder das Verschwindenlassen von Personen künftig nicht mehr stattfinden und die Verantwortlichen für vergangene Verbrechen vor Gericht gestellt werden.

Peña Nieto hatte sich verpflichtet, die Empfehlungen der Uno-Folterkommission von November 2012 umzusetzen. Den Worten sind aber noch keine konkreten Taten gefolgt.

Zwar wurden inzwischen Fortschritte auf dem Weg zu einem Allgemeinen Opfergesetz gemacht. Das ist wichtig, kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vielen Tausend Opfer von Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen der vergangenen sechs Jahre, einschliesslich Tausender von Verschwundenen und Vermissten, noch immer keinen Zugang zu einem fairen Gerichtsverfahren oder zu Entschädigungszahlungen haben.

Unzureichende und fehlende Reformen

Für den Polizeisektor diskutiert die Regierung über Reformen. Nichts deutet aber darauf hin, dass die wirksame Verhinderung von Menschenrechtsverletzungen Kern dieser Reformen ist und dass die Verantwortlichen künftig zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Diskussionen über ein Verbot von Haft ohne Anklage (arraigo) sind begrüssenswert, konkrete Schritte zur Abschaffung dieser Praxis sind bislang aber noch keine erfolgt.

Was die Militärjustiz angeht, haben weder die Regierung noch das Parlament etwas unternommen, um die entsprechende Gesetzgebung gemäss den Aufforderungen des Interamerikanischen Menschenrechtsgerichtshofs zu revidieren. Weiterhin muss deshalb das Oberste Gericht die Aufgabe übernehmen, die Militärjustiz einzuschränken, ohne dabei auf legislative Unterstützung zählen zu können.

Bezüglich der Situation von Migrantinnen und Migranten ist die Tatsache besorgniserregend, dass der ehemalige Polizeichef zum neuen Chef der Migrationsbehörde ernannt worden ist. Es gibt keinerlei Hinweise auf Massnahmen zur Bekämpfung von kriminellen Banden oder korrupter Beamter, die die Menschenrechte durchreisender Migranten aufs Gröbste verletzen.

Keine oder noch völlig unzureichende Reformpläne sind auch in den Bereichen Frauen- und Mädchenrechte, Rechte von Indigenen sowie beim wirksamen Schutz von Menschenrechtsverteidigerinnen und Journalisten auszumachen.

«Es ist Zeit für die neue mexikanische Regierung, zu beweisen, dass der Schutz der Menschenrechte wirklich ganz oben auf der politischen Agenda steht, und dass sie die Partizipation der Zivilgesellschaft gewährleistet», so Christine Heller von Amnesty International Schweiz.

 

Video: Die Geschichte von Miriam López

Die 30-jährige Hausfrau und vierfache Mutter Miriam López wurde 2011 von Armeeangehörigen aufgrund falscher Anschuldigungen widerrechtlich gefangengenommen, gefoltert und mehrfach vergewaltigt. Ihr Fall ist exemplarisch für viele andere.

Medienmitteilung veröffentlicht: 5. März 2013, London/Zürich
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