Mütter von Verschwundenen demonstrieren in Mexiko City, Mai 2013 © Amnesty International (Photo: Ricardo Ramírez Arriola)
Mütter von Verschwundenen demonstrieren in Mexiko City, Mai 2013 © Amnesty International (Photo: Ricardo Ramírez Arriola)

Lateinamerika Verschwindenlassen ist immer noch eine erschreckende Realität

30. August 2013
In Lateinamerika gehört das Verschwindenlassen von Personen nicht nur zum Erbe der dunklen Vergangenheit der autoritären Regime der Siebziger- und Achtzigerjahre, sondern stellt eine erschreckende Realität dar.

«In Kolumbien und Mexiko setzen sich die Behörden nicht mit dem ernsthaften und anhaltenden Problem des Verschwindenlassens auseinander», sagt Guadalupe Marengo, Direktorin des Amerikaprogramms von Amnesty International.

Beide Regierungen sind unfähig, diese Fälle wirksam zu untersuchen und die Verantwortlichen zur Rechenschaft zu ziehen. Deshalb schürt die Straflosigkeit neue Fälle des Verschwindenlassens, denn die TäterInnen glauben, dass ihre Vergehen keine Konsequenzen haben.

Indes fehlt in anderen Ländern der Region – unter anderem in Argentinien, Chile, Uruguay, Bolivien, Peru, El Salvador, Guatemala und Haiti – noch Jahrzehnte nach den internen Konflikten und politischer Repression jede Spur von Tausenden von Menschen.

«Damit es Wahrheit und Gerechtigkeit geben kann, ist es essenziell, dass die Verwandten über den Verbleib ihrer verschwundenen Angehörigen Bescheid wissen», sagt Marengo. «Jede Person ist wichtig. Hinter der erschreckenden Zahl von Tausenden von Verschwundenen verbergen sich der Schmerz und die Traumata der Verwandten, die ihre Angehörigen suchen.»

Verschwindenlassen in Mexiko

In Mexiko wurden zwischen 2006 und 2012 mehr als 26'000 Menschen als vermisst oder verschwunden gemeldet – in vielen Fällen waren dafür die Sicherheitskräfte oder kriminelle Banden verantwortlich. Da die Mehrzahl der Fälle nicht untersucht wird, gelangen die Fälle, in die Beamte verwickelt sind, nicht an die Öffentlichkeit. Dennoch untersucht die Nationale Menschenrechts-kommission zurzeit 2400 Fälle von Verschwundenen.

In einem im Juni 2013 veröffentlichten Bericht dokumentiert Amnesty International 152 Fälle des Verschwindenlassens.
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«Die Straflosigkeit ist fast absolut und trotz der wiederholten Versprechen der Behörden bleibt die Suche nach den Opfern weiterhin ineffizient. Die mexikanische Regierung scheint sich nicht wirklich dafür einzusetzen, dem Verschwindenlassen ein Ende zu setzen», sagt Rupert Knox, Mexiko-Experte bei Amnesty International.

Die Behörden tendieren dazu, kriminelle Banden für jegliche Fälle des Verschwindenlassens verant-wortlich zu machen. Sie entziehen sich auf diese Weise ihrer direkten Verantwortung, Fälle in die Beamten involviert sind zu verhindern und zu bestrafen. Ausserdem kommen sie ihrer Pflicht nicht nach, alle Fälle vor ein ordentliches Zivilgericht zu bringen.

Nachforschungen durch Familienangehörige

Den Verwandten der Verschwundenen werden oftmals Informationen vorenthalten und die Familien sehen sich gezwungen, eigene Nachforschungen vorzunehmen, die oft mit einem grossen persönlichen Risiko verbunden sind.
«Es ist die mutige und konstante Forderung der Verwandten nach Wahrheit und Gerechtigkeit, welche die Flamme der Hoffnung nicht erlöschen lässt», sagt Knox.

Vier Menschen verschwinden in Nueva Laredo

In der nördlichen Stadt Nuevo Laredo sind dieses Jahr allein zwischen dem 29. Juli und dem 3. August vier Menschen verschwunden, nachdem Marineangehörige sie an verschiedenen Checkpoints der Stadt angehalten und festgenommen hatten. Obwohl Augenzeugen die Verhaftungen bestätigt haben, verneint die Marine für das Verschwinden dieser Personen verantwortlich zu sein und die Regierung hat nichts unternommen, um die Opfer zu finden.
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