Die Regierung in Mexiko schliesst die Augen vor dem Anstieg der Folterklagen in ihrem Land. © Amnesty International
Die Regierung in Mexiko schliesst die Augen vor dem Anstieg der Folterklagen in ihrem Land. © Amnesty International

Nachfolgebericht Folter in Mexiko Starker Anstieg von Folterklagen offenbart wachsende Menschenrechtskrise

23. Oktober 2015
Amnesty International veröffentlicht einen neuen Bericht über die Situation in Mexiko bezüglich Folter und Misshandlung.

Die Anwendung von Folter in Mexiko hat neue katastrophale Ausmasse angenommen, wie Amnesty International in ihrem neuen Bericht «Versprechen auf dem Papier, Straflosigkeit im Alltag: Mexikos Folterepidemie währt an» offenlegt. Die Zahl der Meldungen über simuliertes Ersticken, Vergewaltigung und sexuelle Misshandlung, Elektroschocks und Schläge hat sich im vergangenen Jahr auf Bundesebene mehr als verdoppelt. Präsident Peña Nieto wird dem Parlament demnächst einen Entwurf für ein neues Gesetz gegen Folter vorlegen.

«Vor einem Jahr schien es kaum vorstellbar, dass sich Mexikos Krise der Folter noch verschlimmern könnte, aber heute sehen wir, dass genau das passiert ist. Die Regierung ignoriert derweil eine Krise, die sie selber verursacht hat», sagt Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty International.

Mehr Folterklagen, aber weniger Untersuchungen

Klagen gegen Folter haben sich auf Bundesebene zwischen 2013 und 2014 mehr als verdoppelt: Gemäss Zahlen der Bundesstaatsanwaltschaft sind sie von 1'165 auf 2'403 gestiegen.

Trotz des starken Anstiegs der Folter- und Misshandlungsmeldungen ging die Zahl der Untersuchungen mutmasslicher Opfer durch Gerichtsmediziner im Verlauf des Jahres 2014 zurück. Bei der Bundesstaatsanwaltschaft sind 1'600 Gesuche zur Durchführung forensischer Untersuchungen bezüglich Folter hängig.

Neuer Gesetzesentwurf in der Pipeline

Der mexikanische Präsident Enrique Peña Nieto hat versprochen, dem Parlament als ersten Schritt zur Bekämpfung der Krise einen neuen Gesetzesentwurf zur Bekämpfung von Folter zu präsentieren. Weniger als drei Monate vor dem letztmöglichen Zeitpunkt zur Verabschiedung des Gesetzes wurde das Vorhaben dem Parlament indes noch nicht vorgelegt.

«Eine starke Anti-Folter-Gesetzgebung, die nicht nur auf dem Papier Bestand hätte und den Opfern zu Gerechtigkeit verhelfen würde, wäre für Mexiko ein guter erster Schritt, um aus der schwerwiegenden Menschenrechtskrise zu gelangen, in der sich das Land befindet», sagte Erika Guevara-Rosas.

Internationale Medienmitteilung vom 23. Oktober 2015 (Englisch)

Interview mit dem Anwalt Luis Tapia über die rechtlichen Rahmenbedingungen im Kampf gegen Folter: