Amnesty-Aktion gegen Präsident Donald Trumps erstes «Muslim-Ban-Dekret». © Amnesty USA
Amnesty-Aktion gegen Präsident Donald Trumps erstes «Muslim-Ban-Dekret». © Amnesty USA

USA Trumps Muslim-Ban 2.0: Genauso unmenschlich wie die erste Version

7. März 2017. Analyse von Naureen Shah, Leiterin Sicherheit und Menschenrechte bei Amnesty International USA
Das erste Einreiseverbot für Musliminnen und Muslime löste massive Proteste aus und wurde von US-Gerichten gestoppt. Nun hat US-Präsident Donald Trump ein überarbeitetes Dekret verabschiedet. Die Verpackung ist neu, der fremdenfeindliche Inhalt weitgehend derselbe.

Das neue Einreiseverbot der Trump-Regierung für Muslime und Musliminnen ist wie eine schlechte Schularbeit. Die erste Version war ein Chaos. Die überarbeitete Fassung ist länger und kommt in der Form besser daher. Aber die Grundhaltung ist immer noch die gleiche: Grausame Gleichgültigkeit gegenüber Flüchtlingen und Vorurteile gegen MuslimInnen werden zum Gesetz – und das Ganze wird als Massnahme gegen den Terrorismus verkauft.

Die Regierung rudert beim Muslim-Ban plötzlich zurück und versucht dessen Optik aufzubessern. Sie will uns glaubhaft machen, dass die Angstmacherei im Wahlkampf, als Donald Trump einen «totalen und vollständigen Einreisestopp für Muslime in den USA» verlangte, nicht mehr gilt. Stattdessen soll jetzt eine vernünftige, inhaltlich und zeitlich begrenzte Sicherheitsmassnahme vorliegen. Diese Geschichte verbreiten seine BeraterInnen und Minister, während Trump für einmal in Deckung bleibt. Den Erlass unterschrieb er hinter verschlossenen Türen.

Aber täuschen wir uns nicht – dieser Bann ist immer noch ein Bann. Es ist unerlässlich, dass der Kongress das Regelwerk unter die Lupe nimmt und den zweiten Erlass als das betitelt, was er ist: Unmenschlich, irrational und zutiefst schädlich für die USA.

Oft ist von einem «abgeschwächten» Erlass die Rede – eine irrtümliche Bezeichnung. Dieser zweite Muslim-Ban dezimiert das US-Aufnahmeprogramm für Flüchtlinge, legt es für vier Monate still und überlässt Tausende von Gestrandeten ihrem Schicksal. Flüchtlinge, die unmittelbar davorstanden, in die USA zu reisen, werden fallengelassen. Nach einer Jahre dauernden Sicherheitsüberprüfung hatten sie ihre wenigen Habseligkeiten verkauft, sich von Angehörigen verabschiedet und auf eine bessere Zukunft eingestellt. Jetzt müssen sie zurück in eine gefährliche Situation, mitunter in Flüchtlingslager und Kriegsgebiete.

Während der sogenannten «Unterbrechung» des Flüchtlingsprogramms werden bereits erfolgte Sicherheitsüberprüfungen auslaufen; im besten Fall können diese Menschen den jahrelangen Prozess dann wieder von vorne anfangen. Es ist, als ob man Menschen in einem brennenden Haus lässt und ihnen sagt: «Warten Sie einen Moment!» – In der Hoffnung, das Feuer breite sich nicht allzu rasch aus.

Ein anderes Verkaufsargument für das überarbeitete Einreiseverbot ist, dass der Irak aus der Liste der betroffenen Länder entfernt wurde. Zu gross war offenbar die Sorge, die irakische Regierung zu vergraulen und Irakerinnen und Iraker, die für die US-Streitkräfte gearbeitet hatten, fallenzulassen. Aber vielen Irakerinnen und Irakern, welche die USA unterstützt hatten und deshalb um ihre Leben fürchten müssen, wird die Einreise in die USA weiterhin verwehrt bleiben. Vor fast zehn Jahren verabschiedete der Kongress ein Gesetz, welches diesen Menschen die Aufnahme ins Flüchtlingsprogramm zusicherte. Der Erlass von Trump hintertreibt dies, indem er das Flüchtlingsprogramm gleich als Ganzes suspendiert.

Der neue Muslim-Ban nimmt zwar Visa-Inhaber und Menschen mit permanentem Wohnsitz in den USA vom Einreiseverbot aus. Aber dies wird den Schaden nicht abwenden, den Universitäten im ganzen Land tragen müssen, denen nun ausländische Studierende fehlen. Ganz zu schweigen vom Schaden für den Tourismus. Niemand plant eine Reise nach Disney-Land, wenn er Angst haben muss, dass sein Land nächstens auf der Verbotsliste steht.

Schlimm trifft es besonders amerikanische Musliminnen und Muslime, die einem wachsenden Klima von Belästigungen, Diskriminierungen und sogar tätlicher Gewalt ausgesetzt sind. Der Fanatismus, der diesem Erlass innewohnt, wird uns nicht «vor dem Terrorismus schützen», sondern dürfte in erster Linie Hassattacken auf den Plan rufen. Statt die Sicherheit zu erhöhen, wird dieses Dekret uns alle unsicherer machen – vor allem all jene, die ein «fremdes Aussehen» haben.

In gewissem Sinne ist der zweite Muslim-Ban schlimmer als sein Vorgänger. Er zeigt, dass die Regierung Trumps entschlossen ist, ihre anti-muslimische, extremistische Agenda in die Tat umzusetzen, und sich weder von Gerichten noch von den Protesten abhalten lässt, die auf den ersten Erlass folgten. Dieser bemerkenswerte kulturelle Moment, die Demonstrationen an den Flughäfen, die Welle der Solidarität, das alles scheint die Trump-Regierung nicht zu kümmern.

Wirklich beängstigend ist, dass die US-Regierung sich in ihrem Extremismus dermassen abgeschottet hat, dass sie glaubt, der Empörung Herr zu werden, indem sie etwas am Dekret herumbastelt. Diese Regierung hat sich von der Realität verabschiedet.

Der zweite Muslim-Ban ist eine Abschreckung, nicht nur für die Tausenden von Menschen, die direkt betroffen sind, sondern für das ganze Land. Wenn dieser zweite Erlass überlebt, dann, weil der erste die Latte dermassen tief gesetzt hat, dass alles andere als massvoll erscheint, auch diese dürftige Revision. Um die Politik Trumps zu benoten, fehlt schlichtweg die Skala. Aber in dieser Prüfung, in der es darum geht, gemeinsam für Menschlichkeit, Fairness und Gleichheit einzustehen, wird auch der Rest von uns durchfallen.