«Die US-amerikanische Regierung ist rechtlich dazu verpflichtet, das willkürliche Sterben von MigrantInnen und Asylsuchenden an der Grenze zu Mexiko zu verhindern. Trotzdem zerstören die Behörden willentlich die von Freiwilligen zur Verfügung gestellten Wasserreserven, die in der Wüste nötig sind zum Überleben. Sie leiten ausserdem strafrechtliche Massnahmen gegen die humanitären HelferInnen ein, um diese davon abzuschrecken, das Leben von Menschen auf der Flucht zu retten», sagt Erika Guevara-Rosas, Direktorin für Amerika von Amnesty International.
Die US-Regierung hat einen Prozess gegen den Geografen Scott Warren eingeleitet, weil dieser zwei Migranten ohne gültige Aufenthaltspapiere in seinem Wohnort Ajo im Bundesstaat Arizona «aufgenommen» und ihnen Nahrung, Wasser und saubere Kleidung zur Verfügung gestellt hatte. Falls er in allen drei Anklagepunkten – darunter «illegaler Handel» – schuldig gesprochen wird, drohen ihm bis zu zwanzig Jahre Haft. Die Gerichtsverhandlungen beginnen am 29. Mai.
Scott Warren ist ein Menschenrechtsverteidiger, kein Verbrecher
«Humanitäres Handeln ist niemals ein Verbrechen. Falls Scott Warren schuldig gesprochen wird, betrachtet Amnesty International ihn als Gewissensgefangenen und wird sich für seine bedingungslose Freilassung einsetzen».
Etwas früher in diesem Jahr ist Scott Warren zusammen mit acht weiteren Freiwilligen der Vereinigung No More Deaths angeklagt worden wegen dem Zurücklassen von Abfall und Eindringen in ein fremdes Anwesen. Dies, weil sie Wasser und weitere humanitäre Versorgungsgüter in jenen Wüstengebieten, wo immer wieder MigrantInnen sterben, hinterlassen haben.
Der Grenzabschnitt im Bundesstaat Arizona ist einer der tödlichsten der Vereinigten Staaten. In den letzten zwanzig Jahren haben die Behörden 7'242 Todesfälle an der Grenze registriert, 38 Prozent davon in Arizona. Die effektive Anzahl ist aber wahrscheinlich höher, da die Grenzschutzbehörden sich nicht immer um alle körperlichen Überreste kümmern, auf die sie von den Freiwilligen hingewiesen werden.
Kriminalisierung der Solidarität auch in der Schweiz
Auch in der Schweiz können Menschen, die aus reinem Mitgefühl einem Menschen ohne gültige Aufenthaltspapiere helfen, strafrechtlich verfolgt werden. Mit der Kampagne Frei setzt sich Amnesty Schweiz unter anderem für den Schutz und die Förderung der Solidarität mit Menschen auf der Flucht ein. Verteidigerinnen und Verteidiger der Rechte von Flüchtlingen, Migrantinnen und Migranten müssen freigesprochen werden. Amnesty forderte mit einer Petition eine Überprüfung der Gesetze zur Begrenzung und Bestrafung des Solidaritätsdelikts, darunter Artikel 116 des Ausländergesetzes.