Unbegleitete jugendliche Migrantinnen in Homestead. © US department of Health and Human Service / wikicommons
Unbegleitete jugendliche Migrantinnen in Homestead. © US department of Health and Human Service / wikicommons

USA Grausame und illegale Inhaftierung von unbegleiteten Minderjährigen

Medienmitteilung 18. Juli 2019, Washington/Bern – Medienkontakt
Die US-Regierung sperrt Kinder, die auf der Flucht in die USA festgenommen werden, in erbarmungsloser und rechtswidriger Weise ein. Das zeigen Recherchen von Amnesty International in Homestead, einer ‘Notfalleinrichtung’ für unbegleitete Minderjährige in den USA.

Der Bericht: «No Home for Children. The Homestead ‘Temporary Emergency’ Facility» beschreibt den unzureichenden Zustand der ‘Notfalleinrichtung’ Homestead im US-Bundesstaat Florida, in der derzeit knapp 2000 Kinder inhaftiert sind. Die Recherchen zeigen, welche katastrophalen Folgen die Politik der US-Regierung für schutzbedürftige Kinder hat.

Die ‘Notfalleinrichtung’ muss so rasch wie möglich geschlossen werden. Die Kinder sollen sofort in geeigneten, kleineren Unterkünften untergebracht und an Angehörige übergeben werden, fordert Amnesty International in dem Bericht.

«Homestead ist kein Heim für Kinder», sagte Denise Bell, Forscherin für Flüchtlings- und Migrantenrechte bei Amnesty International USA. «In Homestead werden Kinder massenweise festgehalten. Ihre Bedürfnisse sind hier zweitrangig. Die Botschaft der US-Regierung ist klar: Wenn Kinder in die USA fliehen, sperren wir sie ein und machen ihre Freilassung so schwierig wie möglich».

Zeitweise wurden fast 2500 Minderjährige in Homestead festgehalten.

Amnesty International besuchte die Einrichtung, die von einer privaten Firma betrieben wird, zweimal, zuerst im April 2019 und dann wieder im Juli 2019. Anfang April waren dort über 2100 Kinder im Alter von 13 bis 17 Jahren untergebracht. Zwischenzeitlich sassen dort sogar fast 2500 Minderjährige fest.

Kinder werden wie Gefangene gehalten

Viele der Kinder, die in Homestead inhaftiert sind, sind vor gezielter Gewalt und Verfolgung aus Zentralamerika geflohen. Sie unternahmen eine beschwerliche Reise über Tausende von Kilometern, entweder allein, zusammen mit einem Familienmitglied oder mit einem vertrauenswürdigen Erwachsenen, von dem sie später getrennt wurden.

Die Kinder müssen Ausweise mit Barcodes tragen.

Trotz der traumatischen Flucht werden die Kinder in Homestead nicht angemessen betreut. Sie sitzen wie Gefangene fest und unterliegen einem strikten Zeitplan. Die Kinder müssen Ausweise mit Barcodes tragen, die beim Betreten und Verlassen von Gebäuden gescannt werden. Selbst für grundlegende Bedürfnisse müssen sie Antragsformulare ausfüllen. Mädchen müssen sogar ein Antragsformular einreichen, wenn sie Damenbinden benötigen. Der Schulunterricht ist nur ungenügend gewährleistet.

Zeitweise verbrachten Kinder in Homestead durchschnittlich 89 Tage, so der Leiter der Einrichtung. Als Amnesty International die Einrichtung im April besuchte, wurden Kinder dort durchschnittlich 52 Tage lang festgehalten, bevor sie entweder an Angehörige oder Patenfamilien übergeben oder in eine andere Einrichtung verlegt wurden, in der ihre Haft fortgesetzt wurde. In einigen Fällen haben Kinder versucht, aus der Einrichtung zu entkommen.

Familientrennung unter neuem Namen

«Kinder, die im Heim festgehalten werden, haben Angst. Sie sind allein und weit weg von zu Hause. Die überwiegende Mehrheit haben Angehörige und Bekannte, die bereit wären, sie aufzunehmen», sagte Denise Bell, Forscherin für Flüchtlings- und Migrantenrechte bei Amnesty International USA. «Die Inhaftierung von Kindern über einen längeren Zeitraum ist eine Krise, die die Regierung selbst verursacht hat. Die Verwaltung entschied sich, die Freilassung dieser Kinder so schwierig wie möglich zu gestalten, indem sie Angehörigen und Bekannten, die bereit wären, die Kinder aufzunehmen, mit der Abschiebung drohen. Diese Politik führt die Trennung von Familien unter einem anderen Namen fort und muss beendet werden».

«Angehörigen und Bekannten, die bereit wären, die Kinder aufzunehmen, wird mit der Abschiebung gedroht.» Denise Bell, Forscherin für Flüchtlings- und Migrantenrechte bei Amnesty International USA.

Amnesty International fordert die Schliessung der Homestead-Anlage. Kinder sollten niemals inhaftiert werden, und wenn doch, dann nur so kurz wie möglich und in kindgerechter Umgebung. Die anhaltende Nutzung von temporären ‘Notfall’-Anlagen wie derjenigen in Homestead muss eingestellt werden. Amnesty International verlangt zudem weitere Untersuchungen über die Bedingungen in Homestead und anderen staatlichen Einrichtungen, in denen Migrantenkinder festhalten werden, sowie einen verbesserten Zugang für NGOs und Mitglieder des US-Kongresses, die solche Anlagen besichtigen wollen.