Demonstration, die an den Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen erinnert. Santo Domingo, Dominikanische Republik, 25. November 2014. © Erika Santelice
Demonstration, die an den Internationalen Tag zur Beseitigung der Gewalt gegen Frauen erinnert. Santo Domingo, Dominikanische Republik, 25. November 2014. © Erika Santelice

Lateinamerika und Karibik Wie Staaten die sexuellen und reproduktiven Rechte der Frauen verletzen

08.03.2016
Millionen Frauen und Mädchen in Lateinamerika sind einer Gesundheitsversorgung ausgesetzt, die stärker von Religion und gesellschaftlichen Stereotypen bestimmt wird, als vom Wunsch, Leben zu retten. Dies zeigt ein neuer Bericht von Amnesty International.

Der Bericht «Der Staat als Katalysator für Gewalt gegen Frauen» untersucht den Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheitsversorgung von Frauen in Argentinien, Chile, El Salvador, der Dominikanischen Republik, Mexiko, Paraguay, Peru und Uruguay. Er zeigt, dass der Zugang zu sexuellen und reproduktiven Grundrechten vom Wohlstand der Patientinnen und den religiösen Ansichten des medizinischen Fachpersonals oder der Beamten abhängen.

«Ob Frauen lebenswichtige Medikamente bekommen, hängt tragischerweise vom Goodwill des medizinischen Personals oder den finanziellen Möglichkeiten der Patientinnen ab. Dieser schockierende und unrechtmässige Ansatz der Gesundheitsversorgung gefährdet Tausende von Menschenleben», sagt Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty International.

Ob Frauen lebenswichtige Medikamente bekommen, hängt vom Goodwill des medizinischen Personals oder den finanziellen Möglichkeiten der Patientinnen ab.
Erika Guevara-Rosas, Amerika-Direktorin von Amnesty International

Gewaltmuster wiederholen sich auf dem ganzen Kontinent

Der Bericht zeigt Muster von Gewalt gegen Frauen auf, die sich in der ganzen Region wiederholen, namentlich Misshandlungen, Verweigerung von Gesundheitsdienstleistungen, Verletzung ärztlicher Schweigepflicht oder das Aufzwingen einer Handlung, die von moralischen oder religiösen Prinzipien diktiert wird. All dies sind Menschenrechtsverletzungen, die auf gesellschaftlichen Stereotypen der Rolle der Frau beruhen. Diese Stereotypen werden den Mädchen und Frauen durch diskriminierende Gesetze und Handhabungen aufgezwungen.

«Diese absurden Regelungen und Handhabungen zeigen, dass Gewalt und Diskriminierung gegen Frauen vom Staat nicht nur toleriert, sondern gefördert wird.»

Lebensrettender Schwangerschaftsabbruch in sieben Ländern verboten

Ein Schwangerschaftsabbruch ist in sieben Ländern Lateinamerikas auch dann verboten, wenn das Leben der Frau in Gefahr schwebt, nämlich in Chile, der Dominikanischen Republik, El Salvador, Haiti, Honduras, Nicaragua und Surinam. Auch in den meisten anderen Ländern Lateinamerikas ist der Zugang zu Abtreibungen extrem schwierig, selbst wenn sie legal sind, da einige medizinische Fachkräfte sie aus ideologischen Gründen nicht durchführen.

Diese Situation führt dazu, dass viele Frauen keine andere Wahl haben als unsachgemässe und entsprechend gesundheitsgefährdende Abtreibungen vorzunehmen. 2014 führte diese Praxis zu mindestens zehn Todesopfern.

«Von El Salvador, wo ein Schwangerschaftsabbruch selbst als lebensrettende Massnahme verboten ist, bis Mexiko, wo HIV-infizierte Frauen zwangssterilisiert werden können, werden Frauen und Mädchen von jenen Fachkräften und dem System missbraucht, welches sie beschützen sollte».

Internationale Medienmitteilung vom 07.03.2016 (Englisch)