Taliban-Kämpfer in Afghanistan © APGraphicsBank
Taliban-Kämpfer in Afghanistan © APGraphicsBank

Afghanistan Taliban steinigen afghanisches Paar

17. August 2010
Amnesty International verurteilt die erste Steinigung durch die Taliban in Afghanistan seit 2001. Am Sonntag, den 15. August, wurde in einem von Taliban kontrollierten Dorf in der Provinz Kundus im Norden Afghanistans ein Paar gesteinigt, weil es «durchgebrannt» war. Führende Persönlichkeiten müssen handeln

«Die Steinigung dieses Paares ist ein abscheuliches Verbrechen. Die Taliban und andere aufständische Gruppen verüben zunehmend grausame Menschenrechtsverstösse gegen Afghaninnen und Afghanen», sagte Sam Zarifi, Leiter der Asien- und Pazifik-Abteilung bei Amnesty International.

Zu der Steinigung kam es zwei Tage nach einem Aufruf des höchsten islamischen Gremiums Afghanistans, dem Rat der Ulema, an die afghanische Regierung, die als Hudood bezeichneten Züchtigungsstrafen der Scharia strenger umzusetzen. Der Rat betrachtet dies als Zugeständnis an die Taliban in der Hoffnung, den Krieg zu beenden. Unter den Taliban zählten öffentliche Steinigungen, Zwangsamputationen und Auspeitschungen zu den Hudood-Strafen.

«Die afghanische Regierung und der Rat der Ulema müssen die Anwendung der Steinigung nach dieser abscheulichen Hinrichtung durch die Taliban verurteilen», sagt Sam Zarifi. «Die führenden Persönlichkeiten Afghanistans müssen sich gegen die Steinigung und andere entsetzliche Menschenrechtsverletzungen, die als ‚Gerechtigkeit’ ausgegeben werden, aussprechen, egal wie gross der Druck ist, mit den Taliban zu verhandeln.»

Diese Steinigung ist die erste, deren Durchführung seit dem Sturz der Taliban 2001 bestätigt wird. Lokale Quellen teilten Amnesty International mit, dass das Paar nach Pakistan durchgebrannt, jedoch in sein Heimatdorf Mullah Qulli in der Provinz Archi im Bezirk Kundus zurückgekehrt war, nachdem man ihnen gesagt hatte, dass ihre Familien einverstanden wären, dass sie heiraten. Stattdessen wurden sie vergangenen Sonntag auf Anordnung eines Talibanrates zu Tode gesteinigt.

2005 wurde in Afghanistan über eine Steinigung berichtet, die Berichten zufolge von lokalen Religionsführern angeordnet worden war, doch gegenüber Amnesty International ist dieser Fall nicht bestätigt worden. Am 9. August 2010 erschossen die Taliban in der Provinz Badghis öffentlich eine Frau wegen angeblichen Ehebruchs.

Menschenrechte dürfen nicht der Versöhnung geopfert werden

Amnesty International spricht sich dagegen aus, dass die afghanische Regierung Menschenrechte und insbesondere die Rechte von Frauen und Minderheiten im Namen der Versöhnung mit den Taliban und anderen aufständischen Gruppen opfert. Die Organisation forderte die afghanische Regierung kürzlich auf, die Unterstützung des Internationalen Strafgerichtshofs in Anspruch zu nehmen, um Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit durch die Taliban und andere am Krieg in Afghanistan beteiligte Parteien zu untersuchen.