© Kiana Hayeri / Amnesty International
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Afghanistan Uno-Sicherheitsrat muss Ende der Misshandlung von Frauen und Mädchen durch die Taliban einfordern

Medienmitteilung 13. Januar 2023, London/Bern – Medienkontakt
Der Uno-Sicherheitsrat muss angesichts des drastischen Zerfalls der Frauenrechte in Afghanistan dringend handeln. Bei seiner heutigen geschlossenen Sitzung zu Afghanistan sollte sich der Rat darauf konzentrieren, wie das von den Taliban verhängte Verbot des Zugangs von Frauen und Mädchen zu Arbeit, Bildung, Sport und öffentlichen Einrichtungen rückgängig gemacht werden kann, erklärte Amnesty International.

Am 24. Dezember 2022 wiesen die Taliban, alle in- und ausländischen Nichtregierungsorganisationen an, keine weiblichen Mitarbeiter*innen einzustellen. Am 20. Dezember zwangen sie alle Universitäten dazu, bis auf weiteres keine weiblichen Student*innen aufzunehmen. Im November 2022 wurde Frauen der Zugang zu Parks und Sporthallen im Land verwehrt. Seit der Machtübernahme der Taliban Mitte 2022 dürfen Frauen keinen Sport mehr treiben, und die weiterführenden Schulen für Mädchen wurden landesweit geschlossen.

«Es ist dringend notwendig, dass der Uno-Sicherheitsrat dem drastischen Niedergang der Rechte von Frauen und Mädchen in diesem Land Einhalt gebietet. Die Welt sieht zu, wie die Taliban Frauenrechte durch zahlreiche diskriminierende Einschränkungen systematisch dezimieren», sagte Yamini Mishra, Regionaldirektorin von Amnesty International für Südasien.

«Der UNO-Sicherheitsrat muss die Taliban nicht nur zur sofortigen Aufhebung ihrer Beschränkungen für Frauen und Mädchen auffordern. Er muss auch ein Ende des brutalen Vorgehens gegen Personen fordern, die es wagen, gegen den Niedergang der Frauenrechte in Afghanistan zu protestieren.»

Verschlimmerung der humanitären Krise

Die Entscheidung der Taliban, Frauen die Zusammenarbeit mit NGOs zu verbieten, treibt das Land in eine humanitäre Krise. Das Verbot hat bereits zu einem Anstieg der akuten Ernährungsunsicherheit und Unterernährung beigetragen, während Frauen immer weniger Zugang zu grundlegenden Rechten, wie Gesundheit und Bildung, haben.

Afghanische Frauen und Mädchen werden zunehmend aus dem öffentlichen Leben verdrängt, und sie werden in den kommenden Monaten, wenn sich die humanitäre Katastrophe verschlimmert, am stärksten von Armut, Hunger und Krankheiten betroffen sein.

Der von Nichtregierungsorganisationen geführte Hilfssektor steht am Rande des Zusammenbruchs. Mindestens drei grosse internationale NGOs – CARE, der Norwegische Flüchtlingsrat und Save the Children – haben ihre Tätigkeit in dem Land eingestellt, weil sie ihre Programme ohne weibliche Mitarbeiter*innen nicht durchführen können. Am 28. Dezember stoppten auch die Vereinten Nationen mehrere Programme im Land. Derzeit wird die humanitäre Hilfe für Afghanistan, einschliesslich eines Weltbank-Fonds in Höhe von über 1 Mrd. USD, über Uno-Agenturen und Partnerorganisationen abgewickelt.

«Es ist, als würden die Taliban das Land absichtlich in eine Hungersnot treiben. Ihre diskriminierende, frauenfeindliche Politik führt zu einem schockierenden Ausmass an Ernährungsunsicherheit und macht die Bereitstellung internationaler Hilfe fast unmöglich», sagte Yamini Mishra.

Der Zugang zu Bildung wird untergraben

Durch das Verbot der Zusammenarbeit von NGOs mit Frauen wird Schülerinnen und Studentinnen auch der Zugang zu Bildungseinrichtungen in einzelnen Gemeinden verwehrt bleiben. Solche Programme waren in der Vor-Taliban-Ära die einzige Möglichkeit für rund 3,7 Millionen Kinder, davon 60 Prozent Mädchen, überhaupt eine Schule zu besuchen. Bei den Lehrer*innen handelte es sich in erster Linie um Frauen, die für die Taliban nun als unerwünschte NGO-Mitarbeiter*innen gelten. Die Einschränkungen wirken sich auch auf öffentliche Aufklärungsprogramme aus, die von weiblichen NGO-Angehörigen durchgeführt werden und für die Aufklärung über persönliche Hygiene, Familienernährung und Gesundheit unerlässlich sind.

Seit sie im August 2021 die Kontrolle über das Land übernommen haben, verletzen die Taliban das Recht von Frauen und Mädchen auf Bildung, Arbeit und Bewegungsfreiheit systematisch. Sie haben den Schutz und die Unterstützung für Menschen, die vor häuslicher Gewalt fliehen, eingestellt. Sie haben Frauen und Mädchen wegen geringfügiger Verstösse gegen diskriminierende Vorschriften verfolgt und inhaftiert; und sie haben dazu beigetragen, dass die Zahl der Kinder- und Zwangsheiraten in Afghanistan stark angestiegen ist.

Der Amnesty-Bericht «Death in Slow Motion: Women and Girls Under Taliban Rule» zeigt auch auf, wie Frauen, die friedlich gegen diese unterdrückerischen Regeln protestierten, bedroht, verhaftet, inhaftiert, gefoltert und gewaltsam verschleppt wurden.

Amnesty International fordert die De-facto-Behörden der Taliban auf, Frauen und Mädchen unverzüglich die Rückkehr zur Sekundar- und Hochschulbildung zu gestatten und Frauen die Möglichkeit zu geben, zu arbeiten und selbständigen Zugang zu öffentlichen Einrichtungen zu erhalten. Die internationale Gemeinschaft muss die Taliban ausserdem auffordern, ihre restriktive Politik rückgängig zu machen, den Frauen die Wiederaufnahme einer Beschäftigung in Nichtregierungsorganisationen zu gestatten und die vollen staatsbürgerlichen Rechte der Frauen im ganzen Land zu gewährleisten.