Die blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung 1989 forderte in China Hunderte von Toten, Tausende von Verletzten und Hunderttausende von Inhaftierten. Opfer des Massakers wurden Menschen, die friedlich für mehr Demokratie demonstriert hatten. Bis heute dürfen die Hinterbliebenen keine Blumen zum Gedenken an ihre toten Angehörigen auf den Tiananmen-Platz legen.
Weil es in Peking unter Strafandrohung verboten ist, öffentlich um die Toten des Tiananmen-Massakers zu trauern, trugen am 4. Juni 2009 Mitglieder des Ständerats und des Nationalrats eine angesteckte weisse Rose als Zeichen der Solidarität mit den Familien der Opfer. Auf einer gelben Schleife steht eine klare Botschaft an die chinesische Regierung: «Es ist Zeit für Gerechtigkeit». Rund 80 ParlamentarierInnen aller Fraktionen, darunter Dick Marty, Chiara Simoneschi-Cortesi, Josef Lang, Antia Fetz, Adrian Amstutz und Brigitta Gadient, zeigten mit der Rose ihre Solidarität mit den Angehörigen der Opfer.
Aufklärung gefordert
Amnesty International richtete sich mit einer Postkartenaktion an die chinesische Botschaft in der Schweiz. Mit der Karte fordert die Organisation, dass das Massaker aufgeklärt wird. Gleichzeitig verurteilt sie, dass MenschenrechtsverteidigerInnen, die auf den traurigen Jahrestag hingewiesen hatten, Opfer von Repressionen wurden. Zahlreiche Schweizer Parlamentarier und Parlamentarierinnen haben die Postkarte unterzeichnet. Sie bitten den Botschafter, sich persönlich dafür einzusetzen, dass den Opfern und Hinterbliebenen Gerechtigkeit widerfährt, die Bedrohung von AktivistInnen aufhört und öffentlich über diese Geschehnisse in China debattiert werden kann.
Die Verantwortlichen für das Tiananmen-Massaker wurden nie zur Rechenschaft gezogen, keine Opferfamilie wurde entschädigt. Obwohl offizielle Statistiken fehlen, schätzen Nichtregierungsorganisationen, dass heute noch zwischen 20 und 200 Personen aufgrund der prodemokratischen Demonstrationen von 1989 im Gefängnis sitzen.
Repressionen vor dem Jahrestag
Vor dem zwanzigsten Jahrestag hat die Repression gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und RechtsanwältInnen im ganzen Land zugenommen. Amnesty International hat 2009 mindestens hundert Fälle von AktivistInnen dokumentiert, die verhaftet wurden oder behördlicher Gewalt ausgesetzt waren, weil sie Land-, Wohn- oder Gewerkschaftsrechte verteidigt haben. Auch RechtsanwältInnen wurden an ihrer Arbeit gehindert, mit Gewalt bedroht oder verhaftet. Sie riskieren die Anwaltslizenz zu verlieren, falls sie Menschenrechtsfälle übernehmen.
Amnesty International fordert die chinesischen Behörden auf, die Repression gegen AktivistInnen und Rechtsanwälte sofort einzustellen, die noch inhaftierten Personen des prodemokratischen Protests von 1989 umgehend freizulassen und eine unabhängige Untersuchung zum Tiananmen-Massaker einzuleiten.