Mit der Aktion am kommenden Donnerstag in Bern und einem offenen Brief an den Präsidenten des chinesischen Volkskongresses Wu Banggo fordert Amnesty International die chinesischen Behörden auf, eine offene und unabhängige Untersuchung der gewaltsamen Niederschlagung der friedlichen Proteste auf dem Tiananmen-Platz durchzuführen. Die chinesische Regierung hat bisher alle Versuche vereitelt, Licht in die blutigen Ereignisse vom Juni 1989 zu bringen, die zu Hunderten von Toten und zu Tausenden von Schwerverletzten geführt haben.
Kurz vor dem zwanzigsten Jahrestag hat die Repression gegen MenschenrechtsverteidigerInnen und RechtsanwältInnen im ganzen Land weiter zugenommen. Amnesty International hat 2009 mindestens hundert Fälle von AktivistInnen dokumentiert, die verhaftet wurden oder behördlicher Gewalt ausgesetzt waren, weil sie Land-, Wohn- oder Gewerkschaftsrechte verteidigt haben. Einige davon unterzeichneten die «Charta 08», die zu politischen und gesetzlichen Reformen aufruft.
In den ersten vier Monaten dieses Jahres hat die Menschenrechtsorganisation vier Fälle untersucht, in denen RechtsanwältInnen Gewalt angedroht wurde. Die chinesischen Behörden hinderten mindestens zehn VerteidigerInnen daran, ihre KlientInnen zu treffen oder diese vor Gericht zu vertreten. In einem Fall wurde ein Verteidiger wegen seiner Arbeit verhaftet. RechtsanwältInnen hat man zudem mit dem Entzug ihrer Lizenz gedroht, falls sie Menschenrechtsfälle übernehmen würden.
Obwohl offizielle Statistiken fehlen, schätzen Nichtregierungsorganisationen, dass heute noch zwischen 20 und 200 Personen aufgrund der prodemokratischen Demonstrationen von 1989 im Gefängnis sitzen. Nicht alle der inhaftierten Personen haben selbst an den Protesten vor zwanzig Jahren teilgenommen. Die Unterdrückung der öffentlichen Diskussionen über das Tiananmen-Massaker hat zur Folge, dass viele AktivistInnen nach 1989 verurteilt wurden, weil sie das Recht auf freie Meinungsäusserung in Anspruch genommen, online Debatten geführt oder Gedichte in Erinnerung an den Protest veröffentlicht haben.
Medienmitteilung veröffentlicht: Zürich, 2. Juni 2009
Medienkontakt