Tränengas und Gummigeschosse, sogenannte nicht-tödlichen Waffen, werden von der Polizei eingesetzt, um Menschenmengen wie Demonstrationen zu kontrollieren oder zu zerstreuen. «Ein Einsatz solcher Waffen gegenüber flüchtenden Menschen entspricht aber in keiner Weise den internationalen Standards», sagt Man-Kei Tam, Direktor von Amnesty International Hongkong.
In Räumen wie Bahnhöfen oder Strassenschluchten mit eingeschränkten Fluchtmöglichkeiten dürfen diese Waffen nicht eingesetzt werden. Dennoch setzte die Polizei in den beiden Bahnhöfen Kwai Fong und Taikoo Tränengas ein und richtete im Tränengasnebel Gummigeschosse und sogenannte Pfefferkugelgeschossen auf die Oberkörper und Köpfe von DemonstrantInnen. Solche Projektile können schwere Verletzungen verursachen und sind potenziell tödlich. Sie dürfen bei schlechter Sicht nicht verwendet werden und sollten niemals direkt auf Menschen gerichtet werden.
Bei der Verwendung sogenannt nicht-tödlicher Waffen muss sich die Polizei strikt an internationale Polizeistandards halten. Auch das Prinzip der Verhältnismässigkeit muss gewahrt werden. «Natürlich darf die Polizei ihrer Pflicht zum Schutz der Öffentlichkeit nachkommen. Auf Gewalt gegen Beamte und Beamtinnen darf die Polizei angemessen reagieren. Sie muss sich aber unter allen Umständen an internationale Polizeistandards halten. Jeder unverhältnismässige Einsatz der Hongkonger Polizei wird die jetzt schon angespannte Situation weiter eskalieren», sagt Man-kei Tam.
Die Polizei testet auch Wasserwerfer
Ab Mitte August 2019 sollen in Hongkong auch Wasserwerfer eingesetzt werden. Die Polizei von Hongkong hat drei Anti-Riot-Fahrzeuge getestet, die jeweils 2,12 Millionen US-Dollar kosten. Die Tests umfassten auch die Verwendung eines Farbstoffs, mit dem Demonstrierende zur späteren Identifizierung markiert werden können. Dem Wasser können auch eine Reihe von chemischen Reizstoffen zugesetzt werden.
Der Einsatz von Wasserwerfern mit Reizstoffen in dicht besiedeltem städtischen Gebieten kann schwerwiegende Verletzungen verursachen. Dazu kommt, dass bei einer Verwendung von Farbstoffen nicht zwischen gewaltbereiten und friedlichen Personen unterschieden werden kann. Damit riskieren friedliche DemonstrantInnen, JournalistInnen und AnwohnerInnen, ebenfalls gekennzeichnet und in der Folge belangt zu werden.
Die Polizei von Hongkong ist während der jüngsten Proteste wiederholt unverhältnismässig gegen DemonstrantInnen vorgegangen. Amnesty fordert daher die Polizei auf, Wasserwerfer nur äusserst zurückhaltend einzusetzen, wenn die Gewalt ein Ausmass annimmt, das anders nicht mehr eingedämmt werden kann.
Amnesty International fordert alle Regierungen auf, den Transfer von sogenannt nicht-tödlichen Waffen zur Kontrolle von Menschenmassen nach Hongkong auszusetzen, bis eine unabhängige Kommission die Polizeieinsätze untersucht hat und angemessene Vorkehrungen zum Schutz von DemonstrantInnen getroffen sind.