Der chinesische Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng. © Private
Der chinesische Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng. © Private

China / Genf Martin Ennals-Preis für Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng

11. Februar 2021
Die Martin-Ennals-Stiftung hat Yu Wensheng, einen führenden chinesischen Menschenrechtsanwalt, mit dem Martin-Ennals-Preis 2021 ausgezeichnet. Es ist dies ein wichtiges Zeichen gegen die immer weitreichendere Repression gegen unabhängige Anwältinnen und Menschenrechtsverteidiger in China.

In diesem Jahr wurden drei herausragende Menschenrechtsverteidiger*innen, die in autoritären Staaten leben, für den «Martin Ennals Award for Human Rights Defenders 2021» nominiert. Der Preisträger Yu Wensheng und die Mitfinalistinnen Loujain Al-Hathloul (Saudi-Arabien) und Soltan Achilova (Turkmenistan) zeichnen sich durch ihren Mut und ihr grosses Engagement für die Menschenrechte aus, trotz der immensen Repression ihrer autoritären Regierungen mit dem Ziel, sie zum Schweigen zu bringen. 

«Am Vorabend des chinesischen Neujahrsfestes hoffen wir, dass diese Anerkennung von Yu Wenshengs Arbeit weltweit ein Licht auf seinen Mut und sein Engagement wirft und ihm hilft, die Freiheit, die ihm genommen wurde, wiederzuerlangen», sagt Philippe Currat, Präsident des Vorstands der Martin Ennals-Stiftung. Angesichts Covid-19- Pandemie wurde die Preisverleihung im Rahmen einer Online-Zeremonie gefeiert, die am 11. Februar um 18 Uhr MEZ von Genf aus weltweit per Livestream übertragen wurde.

«Während die Covid-19-Pandemie uns alle auf der ganzen Welt betrifft, zahlen Menschenrechtsverteidiger*innen einen besonders hohen Preis. In Regionen, in denen die Menschenrechte schon vor der Pandemie verletzt wurden, dient die Krise als zusätzlicher Vorwand, um den Raum für die freie Meinungsäusserung und ziviles Engagement weiter einzuschränken. Heute steht die Stadt Genf mehr denn je an der Seite der tapferen Verteidiger*innen der Menschenrechte und dankt ihnen für ihren Beitrag zu unserer gemeinsamen Menschlichkeit», sagt der Genfer Stadtrat Alfonso Gomez.

Seit Jahren gefoltert und misshandelt

Der Menschenrechtsanwalt Yu Wensheng war im Juni 2020 wegen «Anstiftung zur Untergrabung der Staatsgewalt» in einem geheimen Verfahren zu vier Jahren Gefängnis und einem dreijährigen Entzug seiner politischen Rechte verurteilt worden. Er zog den Zorn der Regierungsbehörden auf sich, weil er eine Verfassungsreform forderte und andere Anwälte verteidigte, die im Zuge einer breit angelegten Verhaftungskampagne gegen unabhängige Anwält*innen inhaftiert worden waren. Seit seiner Festnahme 2018 hat sich sein Gesundheitszustand aufgrund der schlechten Haftbedingungen dramatisch verschlechtert. Yu Wensheng berichtete, dass er gefoltert und anderweitig misshandelt worden war.

Nachdem Yu Wensheng drei Jahre lang keinen Zugang zu seinen Angehörigen hatte, wurde ihm am 14. Januar 2021 endlich ein Videogespräch mit seiner Frau Xu Yan gewährt. Diese Entwicklung kann zwar als gutes Zeichen gewertet werden, doch das Gespräch dauerte nur 25 Minuten – fünf Minuten weniger als die übliche Besuchszeit in der Hafteinrichtung der Stadt Xuzhou. Nach dem Gespräch äusserte sich Xu Yan äusserst besorgt über die massive Verschlechterung des Gesundheitszustands von Yu Wensheng. So fehlten ihm drei Zähne und er könne seinen rechten Arm aufgrund eines Nervenschadens nicht bewegen. Er sei nicht mehr in der Lage, mit der rechten Hand zu schreiben.

Mit einer weltweiten «Urgent Action» fordert Amnesty International die sofortige Freilassung von Yu Wensheng.