«Das Gericht hat die Chance verpasst, einen grossen Fehler zurückzunehmen. Das harte Urteil beweist der chinesischen Bevölkerung und der Welt erneut, dass es in China weder eine freie Meinungsäusserung noch eine unabhängige Rechtsprechung gibt», sagte Roseann Rife, Vizedirektorin des Asien-Pazifik-Programms bei Amnesty International.
Liu Xiaobo ist der Initiator der Charta 08, in der politische und rechtliche Reformen für China ausgearbeitet wurden. Die chinesische Polizei nahm ihn am 8. Dezember 2008, zwei Tage vor dem 60. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, bei ihm zuhause in Peking fest. Zahlreiche Unterzeichnende der Charta sind seitdem von den chinesischen Behörden verhört und verfolgt worden, doch Liu Xiaobo ist bislang der einzige, der angeklagt und verurteilt wurde.
«Es passiert in dieser Woche bereits zum dritten Mal, dass die Behörden gegen Menschenrechtsaktivisten vorgehen. Die Botschaft ist eindeutig: Wer das System kritisiert, ohne die Regeln der Behörden zu befolgen, oder unabhängiges zivilgesellschaftliches Engagement verfolgt, wird aufgehalten werden», so Roseann Rife.
Am Montag ist die Berufung von Huang Qi gegen eine dreijährige Haftstrafe abgelehnt worden und am Dienstag verurteilte ein Gericht Tan Zuoren zu fünf Jahren Gefängnis.
Die beiden Menschenrechtsaktivisten setzten sich für die Aufdeckung der Todesumstände von mehreren Kindern nach dem Erdbeben in Sichuan im Jahr 2008 und für eine Untersuchung des harten Vorgehens des Militärs gegen die Demokratiebewegung in Peking im Jahr 1989 ein.
Mehrere Unterzeichnende der Charta 08 haben inzwischen ihre Mitverantwortung für die Charta verkündet. Eine Gruppe von Ex-Funktionären der Kommunistischen Partei, wie Hu Jiwei und Sha Yexin, haben in einem Brief an den Präsidenten Hu Jintao die rechtliche Grundlage des Urteils gegen Liu Xiaobo angezweifelt.
11. Februar 2010