In einer gemeinsamen Erklärung empfehlen die beiden Menschenrechtsorganisationen, das Parlament müsse die neue Verordnung nochmals intensiv überarbeiten oder gar ersetzen. Nach der Vergewaltigung einer jungen Inderin im Dezember, die weltweit Entsetzen und Protest ausgelöst hatte, unterzeichnete der indische Präsident Pranab Mukherjee am 3. Februar eine neue Verordnung über sexuelle Gewalt, die problematische Bestimmungen umfasst.
Die schon lange geforderte Revision der indischen Gesetzgebung zu sexueller Gewalt müsse internationalen Menschenrechtsstandards genügen, fordern Amnesty International und Human Rights Watch. Dies sei in der gegenwärtigen Fassung der Verordnung aber in mehrfacher Hinsicht nicht der Fall.
Empfehlungen von Frauenorganisationen missachtet
Die Kritik der Menschenrechtsorganisationen an der neuen Verordnung bezieht sich namentlich darauf, dass:
- die Verordnung nicht das gesamte Spektrum sexueller Gewalt unter angemessene Strafe stellt und zum Beispiel Gewalt in der Ehe nur unter sehr eingeschränkten Bedingungen als Delikt betrachtet;
- die Bestimmungen vielfach vage und diskriminierend bleiben, zudem für gewisse sexuelle Gewalttaten die Todesstrafe vorgesehen sei;
- Mitglieder der staatlichen Sicherheitskräfte aufgrund der Verordnung im Endeffekt weiterhin Immunität geniessen würden;
- Jugendliche unter dem erhöhten Schutzalter mehr leiden als davon profitierten würden;
- die Definition von Menschenhandel in Konflikt geraten könnte mit einvernehmlicher Sexarbeit von Erwachsenen;
- die Verordnung einvernehmliche gleichgeschlechtliche Beziehungen nach wie vor nicht entkriminalisiert.
«Das Parlament sollte nochmals eine substanzielle Diskussion führen, bevor irgend ein Gesetz verabschiedet wird», fordert G. Ananthapadmanabhan, Direktor von Amnesty International Indien. «Dabei sollten die Empfehlungen der Verma-Kommission oder die Sicht von Frauenorganisationen im Lande berücksichtigt werden.»
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