Japan Bewegung in Sachen Todesstrafe?

September 2010
In Japan sind derzeit wiedersprüchliche Entwicklungen in Sachen Todesstrafe zu beobachten: Einerseits haben wieder Hinrichtungen stattgefunden, andererseits scheint Justizministerin Keiko Chiba die Diskussion zur Todesstrafe öffnen zu wollen.

Am 28. Juli 2010 wurden - nach einem Jahr ohne Hinrichtungen - in Tokyo wieder zwei Männer durch den Strang hingerichtet. Es handelt sich um Ogata Hidenori und Shinozawa Kazuo, beide des Mordes für schuldig befunden. Amnesty International hatte sich für die beiden und drei weitere Todeskandidaten mit Briefaktionen eingesetzt. Nun ist nur noch einer von ihnen am Leben, und auch er in Gefahr - vgl. Briefaktion für Zoda Hiroshi.

Die seit August 2009 amtierende und vor kurzem in ihrem Amt bestätigte Justizministerin Keiko Chiba hatte die Hinrichtungsbefehle unterzeichnet und den Hinrichtungen als erste Ministerin auch persönlich beigewohnt.

Die Justizministerin hatte sich früher gegen die Vollstreckung von Todesurteilen ausgesprochen. Im Anschluss an die Hinrichtungen im Juli kündigte sie an, im Justizministerium eine Arbeitsgruppe zum Thema Todesstrafe einsetzen zu wollen. Ende August lud sie ausländische Journalistinnen und Journalisten ein, Hinrichtungskammern im Gefängnis von Tokyo zu besichtigen, und lüftete damit erstmals ein wenig den Schleier der Geheimhaltung um die Todesstrafe in Japan.

Amnesty fordert sofortiges Hinrichtungsmoratorium

Amnesty International nimmt zur Kenntnis, dass die Justizministerin eine öffentliche Debatte um die Todesstrafe in Japan in Gang bringen will. Jedoch sind wir besorgt über die Tatsache, dass aktuell noch immer 107 Menschen im Todestrakt sitzen, und fordern die Ministerin auf, keine Hinrichtungen mehr zu vollziehen, bereits gefällte Todesurteile in Haftstrafen umzuwandeln und im Hinblick auf eine vollständige Abschaffung der Todesstrafe in Japan ein sofortiges Hinrichtungsmoratorium anzuordnen.