Nordkorea «Tag der Sonne» im Schatten des Terrors

Drei Tage vor dem «Day of the Sun», dem offiziellen Feiertag zum hundertsten Geburtstag des Staatsgründers Kim Il-sung, macht Amnesty International auf die katastrophale Menschenrechtslage in Nordkorea aufmerksam. Zu den schlimmsten und inhumansten Wahrzeichen der Repression gehören die Straflager für politische Gefangene. Mit einer von mehr als 165‘000 Personen unterzeichneten Petition fordert die Organisation deren Schliessung. Die Petition wird am 12. April 2012 durch eine internationale Delegation von Amnesty International der nordkoreanischen Botschaft in Bern übergeben.

 

Weltweit haben Amnesty-Aktivistinnen und -Aktivisten mehr als 165‘000 Unterschriften zur Schliessung des berüchtigten Straflagers Yodok und aller weiteren Gefangenenlager für politische Häftlinge in Nordkorea gesammelt. Ob die Vertretung des Landes in Bern bereit ist, die Petition entgegenzunehmen, ist allerdings noch offen. Bisher wurden Anfragen von Amnesty International für einen Gesprächstermin von der Botschaft abschlägig beantwortet.

Die nordkoreanischen Behörden bestreiten die Existenz der in koreanischer Sprache «Kwan-li-so» genannten Straflager für politische Gefangene. Satellitenbilder, die Amnesty International analysiert hat, sowie Aussagen von ehemaligen Wärtern und überlebenden Häftlingen beweisen aber: Es gibt mindestens sechs solche Gefangenenlager mit insgesamt rund 200‘000 Insassen - Männern, Frauen und Kindern. Allein in Yodok werden zurzeit etwa 50‘000 Personen festgehalten, denen nie ein Prozess gemacht wurde oder die aufgrund unfairer Prozesse verurteilt wurden.

Yodok Übergabe Amnesty-Leute mit 100 Kilo Petitionen für die Schliessung des Lagers Yodok. © Philippe Lionnet

Die sechs bekannten Gefangenenlager für politische Häftlinge sind eingeteilt in «Zonen der totalen Kontrolle» und «Zonen der revolutionären Kontrolle». In letzteren werden Strafen von einigen Monaten bis zu zehn Jahren abgesessen. In den Zonen der «totalen Kontrolle» hingegen sind Männer, Frauen und Kinder, oft ganze Familien, dazu verdammt, den Rest ihres Lebens unter menschenunwürdigen Bedingungen zu fristen: Zwangsarbeit, Mangelernährung, Folter, sexuelle Belästigung und auch Hinrichtungen sind das Schicksal der offiziell «Verschwundenen». Die Lebenserwartung in diesen Teilen der Lager ist ausserordentlich gering.

Unmenschliche Bedingungen

«In den Gefangenenlagern vegetieren Hundertausende unter unvorstellbaren und unmenschlichen Bedingungen. Unsichtbar für den Rest der Welt existieren in Nordkorea Orte, an denen praktisch das gesamte Spektrum des Menschenrechtsschutzes ignoriert wird», sagt Rajiv Narayan, Nordkorea-Experte von Amnesty International.

Menschen landen in diesen Lagern als «Oppositionelle», weil sie südkoreanisches Radio gehört haben, die Herrscherdynastie kritisiert haben oder ins benachbarte China fliehen wollten. Die chinesischen Behörden spüren solche Flüchtlinge systematisch auf und liefern sie regelmässig wieder an ihren nordkoreanischen Verbündeten aus, womit sie sie wissentlich der Folter und einem Tod auf Raten aussetzen, sofern sie nach der Rückkehr nicht ohnehin sofort exekutiert werden. Zudem kann aufgrund des geltenden Systems der «Schuld durch Zugehörigkeit» jede Person, die bis zur dritten Generation der Familie eines «Oppositionellen» angehört, lebenslang inhaftiert werden. Schätzungen zufolge sind bis zur Hälfte der Lagerinsassen aufgrund einer solchen Kollektivschuld dort.

Satellitenbilder belegen Wachstum der Lager

Die von Amnesty International analysierten Satellitenbilder zeigen, dass die Bevölkerung in den Lagern in den vergangenen Jahren zugenommen hat. Die Organisation fordert von den nordkoreanischen Behörden, dass sie die Existenz der Lager offiziell zugeben, diese schliessen und alle politischen Häftlinge und ihre Familien sofort freilassen.

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Medienmitteilung veröffentlicht: 11. April 2012, aktualisiert am 12. April 2012
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