Bericht: «As if hell fell on me» Nordwest-Pakistan entwickelt sich zur «menschenrechtsfreien» Zone

10. Juni 2010
Die Nordwest-Grenzprovinz in Pakistan ist zu einer «menschenrechtsfreien» Zone geworden. Millionen Menschen, darunter rund eine Million Binnenflüchtlinge, leben dort in ständiger Angst, Opfer der Taliban zu werden. Das dokumentiert der Bericht «As if hell fell on me» - The human rights crisis in northwestern Pakistan. «Im Nordwesten Pakistans herrscht absolute Rechtlosigkeit. Die Regierung lässt die eigene Bevölkerung regelrecht im Stich», sagte Sigrid Krieg, Pakistan-Expertin von Amnesty International.

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Der Amnesty-Bericht basiert auf rund 300 Interviews mit Bewohnern der Stammesgebiete unter Bundesverwaltung sowie der Nordwest-Grenzprovinz und belegt systematische Menschenrechtsverletzungen in den von den pakistanischen Taliban kontrollierten Gebieten. «Die Taliban setzen ihre Normen mit aller Gewalt durch», sagte Krieg. «Sie attackieren Lehrer, politische Aktivisten und Entwicklungshelfer. Sie haben so genannte ‚islamische’ Gerichte eingerichtet, die die Scharia rigide auslegen.» Frauen und Mädchen leben im Nordwesten Pakistans besonders gefährlich. Die Taliban brennen Mädchenschulen nieder und töten Frauen wegen «unmoralischen» Verhaltens. Ausserdem blockieren sie Strassen, so dass Zivilisten während der Bombardierung durch die pakistanische Armee nicht aus ihren Dörfern fliehen können.

Die politische Führung in Islamabad ignoriert seit Jahren die Bedürfnisse und Rechte der Menschen im Nordwesten. In der Region gelten Gesetze aus der Kolonialzeit, die unter anderem das Wahlrecht missachten und Kollektivstrafen vorsehen. Im letzten Jahrzehnt änderte Pakistans Regierung die Strategie gegen die Taliban. «Lange Zeit setzte Islamabad auf Beschwichtigung, heute stehen Militäroperationen gegen die Taliban im Zentrum der Regierungspolitik», sagte Pakistan-Expertin Krieg. Dabei greifen auch die pakistanischen Sicherheitskräfte zum Teil zu unangemessener und willkürlicher Gewalt.

«Die pakistanische Regierung muss den Menschen im Nordwesten endlich Schutz gewähren und die dort geltende Rechtsordnung refomieren. Sonst bleibt die Region ein schwarzes Loch der Menschenrechte», sagte Krieg. «Es gibt keine schnelle oder einfache Lösung für diesen Konflikt. Die Anerkennung und Umsetzung der Menschenrechte wäre aber zumindest ein Anfang.»