Mehr als 30'000 Kinder führen in Sri Lanka seit Monaten ein Leben hinter Stacheldraht. Sie werden mit ihren Familien in 41 Lagern festgehalten, weil die Regierung Sri Lankas die Menschen pauschal verdächtigt, mit den Tamil Tigers zusammen gearbeitet zu haben. Für die unschuldigen Kinder und Zivilpersonen setzt sich ein jahrzehntelanger Alptraum der Gewalt fort: Während der langen, blutigen Konflikte zwischen der Regierung und den Tamil Tigers mussten viele von ihnen mehrmals fliehen, verloren Familienmitglieder und Freunde.
Er habe rund um den Globus ähnliche Orte besucht, doch nirgends seien die Verhältnisse entsetzlicher, sagte Uno-Generalsekretär Ban Ki-Moon, als er im vergangenen Mai Flüchtlingslager besuchte. Seither hat sich die Lage für die Vertriebenen nicht wesentlich verbessert, obwohl die Regierung am 21. Mai 2009 erklärt hatte, dass die Lager innert sechs Monaten geschlossen werden sollten.
Irreguläre Hafteinrichtungen
Mit einer Strassenaktion am 19. November 2009, am Vortag des 20. Geburtstags des internationalen Kinderrechtstag, erinnerte Amnesty International die Regierung an ihr Versprechen. AktivistInnen der Menschenrechtsorganisation haben gemeinsam mit tamilischen Familien, deren Angehörige und Bekannte oft auch in Flüchtlingslagern festgehalten werden, in Bern Solidaritäts-Buttons mit der Aufschrift «Öffnet die Lager!» auf Tamilisch verteilt. Obwohl in letzter Zeit einige Tausend Menschen an neue Orte umgesiedelt wurden, ist die Bewegungsfreiheit der Vertriebenen nicht garantiert. Viele werden nach ihrer Freilassung aus den Lagern von lokalen Behörden in irregulären Hafteinrichtungen wie geschlossenen Schulen festgehalten, unter dem Pauschalverdacht, für die Tamil Tigers gearbeitet zu haben. Amnesty International verlangt, dass ein klarer Zeitplan für die Schliessung der Lager aufgestellt wird, damit die rund 150'000 Vertriebene sicher in ihre Heimatdörfer zurückkehren können.
Amnesty International fordert, dass keine Flüchtlinge am Verlassen der Lager gehindert werden. Da das IKRK seit Juli 2009 keinen Zugang zu den Lagern hat, suchen viele Vertriebene noch immer ihre Angehörigen, die sie während des Bürgerkriegs aus den Augen verloren haben. Dies gilt besonders für die Kinder, die ohne Begleitung sind.
Hilfswerke, Menschenrechtorganisationen und Medienschaffende müssen sofort unbeschränkten Zugang zu den Lagern erhalten. JournalistInnen konnten bisher nur unter strengen militärischer Überwachung die Lager besuchen. Mit der Informationssperre steigt das Risiko, dass die Menschen in den Lagern Opfer von Verschwindenlassen, willkürlicher Haft oder sexueller Gewalt werden.
Medienmitteilung veröffentlicht: Bern, 19. November 2009
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