Briefe gegen das Vergessen: Ragihar Manoharan Ungeklärte Erschiessung eines Studenten durch Spezialeinheit

Am 2. Januar 2006 wurde in Sri Lanka eine Granate aus einer Auto-Rikscha auf eine Gruppe von Studierenden geworfen, die sich an der Küste in Trincomalee verabredet hatten. Einige der Studierenden wurden dabei verletzt. Kurze Zeit darauf traf eine Gruppe von zehn bis 15 Männern in Uniform am Tatort ein, bei denen es sich um Sicherheitskräfte der Spezialeinheit «Spezial Task Force» (STF) gehandelt haben soll. Die Männer schlugen mit Gewehrkolben auf die Studierenden ein. Augenzeugen berichten zufolge erschossen die PolizistInnen dann fünf der Studierenden, darunter auch Ragihar Manoharan.

Ragihar Manoharan Ragihar Manoharan. | © DR

Der Vater von Ragihar Manoharan, Dr. Kasippillai Manoharan, lief zum Ort des Geschehens und hörte die Schüsse und wie die Studierenden um ihr Leben flehten. Die Sicherheitskräfte behaupteten, die fünf Studierenden seien durch die Explosion der Granate zu Tode gekommen, doch eine Obduktion ergab, dass sie an den Schusswunden gestorben waren.

Am 10. Januar 2006 fand vor dem Gericht von Trincomalee eine Untersuchung statt, bei der Dr. Kasippillai Manoharan eine Aussage machte. Die Familie erhielt in dieser und mehreren darauf folgenden Nächten anonyme Anrufe und Morddrohungen. Die Familie sah sich schliesslich gezwungen, das Land zu verlassen und im Ausland Asyl zu suchen. 13 Sicherheitskräfte wurden in Verbindung mit den Tötungen verhaftet, aber später wieder freigelassen. Eine Kommission wurde einberufen, um den Vorfall sowie elf weitere Todesfälle zu untersuchen. Der Bericht der Kommission wurde aber nie veröffentlicht, sondern direkt an den Präsidenten weitergeleitet. Es wurden keine gründlichen Ermittlungen angestellt, und es wurde gegen niemanden Anklage wegen der Tötungen erhoben.


Forderungen der abgeschlossenen Aktion

 

Sehr geehrter Herr Präsident
Am 2. Januar 2006 wurden Ragihar Manoharan und vier weitere Studierende in Trincomalee von Mitgliedern der Sicherheitskräfte niedergeschossen. Seither führt seine Familie eine offene Kampagne, um Gerechtigkeit zu erfahren und die Wahrheit über den Tod ihres Sohnes herauszufinden.  Gemäss internationalem Recht ist Sri Lanka verpflichtet, dafür zu sorgen, dass dieser Fall sowie andere Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land einem korrekten Untersuchungsverfahren unterliegen. Deshalb fordere ich Sie auf, den Bericht der im November 2006 eingesetzten und mit der Untersuchung des Todes von Ragihar Manoharan beauftragten Kommission zu veröffentlichen.

Sri Lanka hat die historische Gelegenheit, sich den Menschenrechtsverletzungen der Vergangenheit zu stellen und dafür zu sorgen, dass die Straffreiheit keinen Schatten auf die Zukunft wirft.

Ich fordere Sie auf, die Sonderberichterstatter der Vereinten Nationen, insbesondere jenen über aussergerichtliche, summarische oder willkürliche Hinrichtungen, zu einer eingehenden und unabhängigen Untersuchung einzuladen. Ragihar Manoharan und weitere Opfer von Menschenrechtsverletzungen bzw. deren Familien verdienen es, die Wahrheit zu kennen sowie Gerechtigkeit und Wiedergutmachung zu erhalten.
In dieser Erwartung verbleibe ich

Hochachtungsvoll

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