In Sri Lanka wurden seit 1976 keine Hinrichtungen mehr vollzogen. Im Juli 2018 aber hat der Präsident der Republik Sri Lanka, Maithripala Sirisena, angekündigt, dass zum Tod verurteilte DrogenhändlerInnen hingerichtet werden sollen.  © Kremlin.ru
In Sri Lanka wurden seit 1976 keine Hinrichtungen mehr vollzogen. Im Juli 2018 aber hat der Präsident der Republik Sri Lanka, Maithripala Sirisena, angekündigt, dass zum Tod verurteilte DrogenhändlerInnen hingerichtet werden sollen. © Kremlin.ru

Sri Lanka Hinrichtungen dürfen auf keinen Fall wieder aufgenommen werden

5. Juli 2019
Gefangene in der Todeszelle erhalten eine vorübergehende Gnadenfrist: Der oberste Gerichtshof in Sri Lanka hat die Hinrichtung mehrerer zum Tode verurteilter Gefangenen suspendiert, bis im Oktober 2019 ihre Rekurse behandelt werden.

In Sri Lanka wurden seit 1976 keine Hinrichtungen mehr vollzogen. Im Juli 2018 aber hat der Präsident der Republik Sri Lanka, Maithripala Sirisena, angekündigt, dass zum Tod verurteilte DrogenhändlerInnen hingerichtet werden sollen. Damit hat er einem faktischen Moratorium der Todesstrafe nach über 40 Jahren ein Ende gesetzt.

Als im Juni 2019 über die Medien bekannt wurde, dass die Exekutionen von 13 zum Tode verurteilten Gefangenen vorbereitet wurden, war Amnesty International sehr beunruhigt. An diesen Gefangenen sollte in der «nationalen Woche zur Drogenbekämpfung» vom 21. Juni bis am 1. Juli ein Exempel statuiert werden. Obwohl das Büro des Präsidenten keine offizielle Ankündigung gemacht hat, haben mehrere Quellen gegenüber Amnesty International bestätigt, dass Henker neu eingestellt und ausgebildet wurden. Präsident Maithripala Sirisena hatte die feste Absicht, Hinrichtungen in Sri Lanka wieder aufzunehmen.

Am 5. Juli 2019 hat jedoch der oberste Gerichtshof in Sri Lanka entschieden, dass die zum Tode verurteilten Gefangenen nicht hingerichtet werden dürfen, bis ihre Rekurse gegen die Urteile vollumfänglich geprüft werden können. Das für die Prüfung zuständige Gericht tagt zum nächsten Mal am 29. Oktober 2019.

Breiter Widerstand gegen die Todesstrafe

Auch wenn dieser Entscheid des obersten Gerichts nur einen Aufschub bedeutet, ist er dennoch eine grosse Erleichterung für die betroffenen Gefangenen. Auch sonst lehnen viele Menschen in Sri Lanka die Todesstrafe ab: in Gerichten, in Medien, auf der Strasse, in sozialen Netzwerken, im Parlament und in der internationalen Gemeinschaft hat sich breiter Widerstand gegen die Todesstrafe formiert.

«Die zuständigen Behörden müssen auf diese Stimmen hören und die Menschenrechte respektieren. Das Moratorium ist seit über 40 Jahre Realität. Das sind gute Voraussetzungen dafür, dass die Todesstrafe nun ein für alle Mal abgeschafft wird», sagt Biraj Patnaik, Direktor für Südasien von Amnesty International. «Kein Mensch darf mehr in Furcht in der Todeszelle sitzen. Nach dem Entscheid des obersten Gerichts müssen alle Hinrichtungen dauerhaft ausgesetzt werden.»

 

«Die zuständigen Behörden müssen auf diese Stimmen hören und die Menschenrechte respektieren. Das Moratorium ist seit über 40 Jahre Realität. Das sind gute Voraussetzungen dafür, dass die Todesstrafe nun ein für alle Mal abgeschafft wird» - Biraj Patnaik, Direktor für Südasien von Amnesty International

Unrechtmässige Exekutionen

Sollten in Sri Lanka Menschen wegen Drogendelikten hingerichtet werden, so würde die Anwendung der Todesstrafe dort gegen das Völkerrecht und internationale Standards verstossen, wie Amnesty im Report Sri Lanka: Halt Preparations to Resume Executions aufzeigt. Seit Juli 2018 hat Amnesty International den Präsidenten Maithripala Sirisena mehrere Male aufgefordert, von der Wiedereinführung der Hinrichtungen abzusehen.

Sri Lanka hat den internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte (ICCPR) ratifiziert und hat sich damit verpflichtet, die Todesstrafe abzuschaffen. Statt die Hinrichtungen wieder einzuführen, muss die Regierung in Sri Lanka umgehend Massnahmen ergreifen, um die Todesstrafe aus der nationalen Gesetzgebung zu streichen.

Hintergrund Todesstrafe

Amnesty International wendet sich in allen Fällen, weltweit und ausnahmslos gegen die Todesstrafe, da sie das in der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte festgeschriebene Recht auf Leben verletzt und die grausamste, unmenschlichste und erniedrigendste aller Strafen darstellt.

Die Todesstrafe und die Vollstreckung von Hinrichtungen haben keine nachweisbar abschreckende Wirkung. Zudem besteht das Risiko, dass Personen hingerichtet werden, die in unfairen Gerichtsverfahren verurteilt wurden. Unverhältnismässig stark betroffen sind in der Regel Angehörige von Minderheiten bzw. sozioökonomisch benachteiligte Personen.