Thailändische Soldaten in Bangkok © APGraphicsBank
Thailändische Soldaten in Bangkok © APGraphicsBank

Thailand Militär muss Einsatz tödlicher Waffen beenden

19. Mai 2010
Amnesty International fordert die thailändische Armee auf, den Einsatz scharfer Munition gegen Oppositionelle in Bangkok sofort einzustellen.

«Augenzeugenberichte und Videoaufzeichnungen zeigen deutlich, dass die Armee auf unbewaffnete Demonstrierende schiesst, die weder für die Soldaten noch für andere Menschen eine Gefahr darstellen», warnte Benjamin Zawacki, Thailand-Experte bei Amnesty International: «Es handelt sich um eine schwere Verletzung eines grundlegenden Menschenrechts - des Rechts auf Leben.»

Die Regierung in Thailand hat am 13. Mai die «Operation Rachaprasong» begonnen und schiesst seither mit Gummigeschossen, aber auch mit scharfer Munition auf die Protest-Camps in der Hauptstadt. Sie behauptet, 500 «Terroristen» hielten sich unter den Demonstrierenden versteckt.

Mindestens 35 unbewaffnete Menschen wurden bisher getötet, darunter zwei Sanitäter, die weisse Mäntel mit sichtbarem Roten Kreuz trugen. Am 15. Mai wurde zudem ein 17-Jähriger erschossen. Mindestens 200 Menschen wurden verletzt, darunter ein zehnjähriger Junge und thailändische ebenso wie internationale Medienschaffende. «Die Regierung darf ihren Soldaten nicht erlauben, auf jeden Menschen zu schiessen, der sich in einem bestimmten Gebiet befindet, das man unter Kontrolle haben will», betonte Zawacki.

Tödliche Munition im Einsatz

Laut den am 14. Mai herausgegebenen Richtlinien der thailändischen Notstandsbehörde CRES (Zentrum zur Lösung von Notfallsituationen) dürfen die Soldaten scharfe Munition nur für Warnschüsse in die Luft verwenden, wenn ihr Leben bedroht ist oder wenn sie auf die zuvor von den Sicherheitskräften identifizierten «Terroristen» treffen. Am 16. Mai deklarierte CRES die an die Protestcamps der «Rothemden» anschliessenden Gebiete als «Live Fire Zones», also als Sperrgebiete, in denen das Militär uneingeschränkt mit scharfer Munition schiessen darf.

Mehrere Augenzeugen berichteten Amnesty International, dass Soldaten aus Gewehren scharf schossen, obwohl sich ihre Opfer nicht nahe genug befanden, um für die Soldaten eine Gefahr darstellen zu können. Ein CRES-Sprecher sagte am 14. Mai, die Truppen würden Distanz zu den Regierungsgegnern halten und scharfe Munition verwenden, um diese Distanz zu gewährleisten. Wenn sie auf Demonstranten schiessen, sollten die Soldaten einen Schuss abgeben und auf die Beine unterhalb des Knies zielen.

Verstoss gegen internationales Recht

«Das ist absolut inakzeptabel. Internationales Recht sieht vor, dass Waffen nur als letztes Mittel eingesetzt werden dürfen, wenn ein Verdächtiger oder eine Verdächtige bewaffneten Widerstand leistet oder auf andere Weise das Leben anderer Menschen gefährdet und wenn andere Mittel nicht ausreichen», stellte Zawacki klar. «Sofern es sich nicht um Situationen klarer Selbstverteidigung handelt, müssen ausgebildete Polizisten mit nicht-tödlichen Waffen Ausschreitungen unter Kontrolle bringen - und nicht Soldaten mit scharfer Munition.»

Thailand hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte unterzeichnet, der besagt, dass das Recht auf Leben auch in Zeiten des öffentlichen Notstands nicht beschnitten werden kann. Der Einsatz tödlicher Waffen verletzt darüber hinaus Übereinkünfte der Vereinten Nationen, in denen Prinzipien festgelegt sind, wie die Exekutive Gesetze vollstrecken kann, ohne das Recht auf Leben zu verletzen. Tödliche Gewalt darf demnach nur dann vorsätzlich angewandt werden, wenn dies absolut unverzichtbar ist, um Leben zu schützen.