Menschenrechtssituation in Vietnam

Hintergrundinformationen Der Eintrag im Jahresbericht 2007 basiert auf Vorkomnissen und Daten aus dem Jahr 2006 Im Februar 2006 forderte die Kommunistische Partei Vietnams (KPV) erstmals die Öffentlic
None
Hintergrundinformationen

Der Eintrag im Jahresbericht 2007 basiert auf Vorkomnissen und Daten aus dem Jahr 2006

Im Februar 2006 forderte die Kommunistische Partei Vietnams (KPV) erstmals die Öffentlichkeit auf, sich an den Diskussionen über den Entwurf für den politischen Bericht des Zentralkomitees zu beteiligen, ehe er auf dem Parteitag verabschiedet wurde. In dem Bericht wurden die politischen Leitlinien für den Aufbau der Partei und des Landes und zur Errichtung eines sozialistischen Rechtsstaats bis zum Jahr 2010 skizziert. Im April wählte der zehnte Parteitag der KPV ein neues Politbüro und ein neues Zentralkomitee.

Im Juni kam es durch die Neubesetzung der Ämter des Staatspräsidenten, des Ministerpräsidenten und des Präsidenten des Nationalkongresses zu erheblichen Veränderungen in der Führung des Landes.

Die Öffentlichkeit reagierte mit wachsender Sorge auf eine Reihe von Korruptionsskandalen, vor allem auf einen Fall, in den hochrangige Vertreter des Verkehrsministeriums und der Polizei verwickelt waren.

Im Zuge von vier Amnestien kamen im Berichtsjahr 19914 Häftlinge frei, darunter auch zwei gewaltlose politische Gefangene.

Der 87-jährige Thich Huyen Quang, Oberster Patriarch der Vereinigten Buddhistischen Kirche Vietnams (VBKV), der zu 24 Jahren Verbannung in entfernten Provinzen des Landes verurteilt worden war, durfte sich zur ärztlichen Behandlung nach Ho-Chi-Minh-Stadt begeben und dort vorübergehend in der Giac-Hoa-Pagode bleiben. Sein Stellvertreter, der 77-jährige Thich Quang Do, erhielt im November für seinen «Mut und seine Beharrlichkeit in drei Jahrzehnten friedlicher Opposition» den norwegischen Rafto-Preis für Menschenrechte.

Internationale Beziehungen

Die politische Agenda 2006 war von Handelsgesprächen beherrscht. Im November war Vietnam Gastgeber des Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsforums (APEC), das in einem Treffen der wichtigsten politischen Führer gipfelte, an dem erstmals auch US-Präsident Bush teilnahm. In dieser Zeit kam es verstärkt zu Schikanen und Drohungen gegen führende Dissidenten des Landes. Die Behörden versuchten, Treffen oder Gespräche mit den ausländischen Gästen zu verhindern. Im Dezember votierte der US-Kongress dafür, Vietnam den Status der dauerhaften normalen Handelsbeziehungen (Permanent Normal Trade Relations – PNTR) zu gewähren. Verhandlungen über die Aufnahme Vietnams in die Welthandelsorganisation konnten im November abgeschlossen werden.

Einschränkung des Rechts auf freie Meinungsäusserung und der Nutzung des Internets

Politisch Andersdenkende, die zum Beispiel auch das Internet dazu nutzten, über Menschenrechte, Demokratie und den politischen Wandel zu diskutieren, wurden schikaniert und bedroht und auf der Grundlage der nationalen Sicherheitsgesetze in Haft genommen. Die Behörden bemühten sich durch neue Bestimmungen und durch das Filtern oder Sperren von Websites, die Kontrolle des Internets weiter zu verstärken. Auch die Besitzer von Internetcafés und Internetprovider sollten jetzt die Nutzer überwachen.

Block 8406
Ungeachtet aller Schwierigkeiten stellten Anhänger der Demokratiebewegung im April eine von 118 engagierten Bürgern unterzeichnete Online-Petition ins Internet, in der ein gewaltfreier politischer Wandel und die Wahrung der Menschenrechte gefordert wurde. Diese internetbasierte Demokratiebewegung wurde als Gruppe 8406 beziehungsweise Block 8406 bekannt. Weitere 2000 Menschen schlossen sich der Petition an. In der Folge kam es zu Schikanen gegen mehrere Erstunterzeichner. Sie wurden verhört, ihre Bewegungsfreiheit wurde eingeschränkt und ihre Computer beschlagnahmt, weil sie versucht hatten, eine Online-Publikation mit dem Titel «Freiheit und Demokratie» (To Do Dan Chu) zu veröffentlichen.

Der 25-jährige Truong Quoc Huy war zusammen mit zwei Brüdern und einer jungen Frau im Oktober 2005 verhaftet worden, weil sie an einer Sitzung in einem Chatroom auf einer PalTalk-Website mit dem Namen «Stimme des Volkes in Vietnam und im Ausland» (The voice of people in Viet Nam and Abroad) teilgenommen hatten. Bis zu seiner Freilassung im Juli 2006 sass er neun Monate lang ohne Kontakt zur Aussenwelt in Haft. Anschliessend setzte er seine öffentliche Unterstützung von Block 8406 fort und wurde deshalb im August erneut festgenommen, als er sich in einem Internetcafé in Ho-Chi-Minh-Stadt in die PalTalk-Website einloggte. Berichten zufolge wurde ihm gemäss Paragraph 88 des vietnamesischen Strafgesetzes «Propaganda gegen die Sozialistische Republik Vietnam» vorgeworfen.

Der Internet-Dissident Nguyen Vu Binh, der im September 2002 verhaftet und im Dezember 2003 zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt worden war, befand sich Ende des Berichtsjahrs weiter im Gefängnis. Dr. Pham Hong Son und Nguyen Khac Toan wurden im Zuge einer Amnestie freigelassen, müssen aber noch drei Jahre «auf Bewährung» in Hausarrest verbringen.

Zentrales Hochland und Montagnards

Auch im Berichtsjahr kam es zu Menschenrechtsverletzungen gegen die im Zentralen Hochland ansässige ethnische Minderheit der Montagnards. Sie unterlagen zum Beispiel Einschränkungen der Bewegungsfreiheit. Wenn sie als Christen nicht offiziell registrierten Hauskirchen angehörten, zwang man sie, ihrem Glauben abzuschwören. Auch 2006 gab es Berichte über Verhaftungen und Misshandlungen. Mehr als 250 Montagnards, die in den Jahren 2001 bis 2004 im Zusammenhang mit dem Kampf um ihre Rechte auf Landbesitz und freie Religionsausübung zu langjährigen Freiheitsstrafen verurteilt worden waren, sassen noch immer im Gefängnis ein.

Im April wurden Berichten zufolge zwei zur Minderheit der Montagnards zählende Studenten verhaftet und 18 Tage lang in einem Bezirksgefängnis in der Provinz Dak Lak festgehalten. Dort wurden sie von Polizeibeamten verhört und mit Schlägen misshandelt. Man warf ihnen vor, Listen von politischen Gefangenen per Internet ins Ausland geschickt zu haben.

Kleine Gruppen von Montagnards bemühten sich um Asyl im benachbarten Kambodscha, wo ihre Lage kritisch war. Die gemeinsame Absichtserklärung, die Vietnam, Kambodscha und das Amt des Uno-Hochkommissars für Flüchtlinge (UNHCR) im Januar 2005 im Bemühen um eine Lösung für die problematische Lage der Asylsuchenden unterzeichnet hatten, blieb auch 2006 weiter in Kraft. Die vietnamesischen Behörden scheinen sich allerdings nicht immer daran gehalten zu haben. Berichten zufolge wurden in einigen Fällen Menschen, die auf der Grundlage der Erklärung aus Kambodscha nach Vietnam zurückgekehrt waren, in Haft genommen, verhört und misshandelt.

Im Juni wurden sechs Angehörige der ethnischen Minderheiten der Ede und der M’nong wegen Fluchthilfe und «Verstosses gegen die Politik der nationalen Einheit» zu drei bis sieben Jahren Haft verurteilt, weil sie angeblich Vietnamesen bei der Flucht nach Kambodscha unterstützt und zu öffentlichen Unruhen aufgestachelt hatten.

Todesstrafe

Im Februar schlug das Ministerium für öffentliche Sicherheit vor, die Zahl der Delikte zu verringern, für die die Todesstrafe verhängt werden kann. Ein der zentralen Kommission für Justizreformen vorgelegter Vorschlag enthielt die Empfehlung, Wirtschaftsdelikte wie Betrug und Unterschlagung, Schmuggel, Fälschung und Bestechung künftig nicht mehr mit der Todesstrafe zu belegen, was eine Verringerung der Zahl der Kapitalverbrechen von 29 auf 20 bedeuten würde. Das Thema wurde in der Nationalversammlung diskutiert, bis zum Ende des Jahres war aber noch kein entsprechendes Gesetz verabschiedet worden. Nach wie vor sollen mindestens fünf Frauen und sechs Männer im Todestrakt inhaftiert gewesen sein.

Nach Meldungen in den Medien wurden im Jahr 2006 mindestens 36 Todesurteile verhängt und 14 vollstreckt, die meisten wegen Drogenhandels. In fünf Fällen waren die Betroffenen Frauen. Die wirklichen Zahlen dürften wesentlich höher liegen. Da Statistiken zur Todesstrafe als «Staatsgeheimnis» unter Verschluss blieben, gab es keine umfassende, transparente Berichterstattung zu diesem Thema.

Im März wurde Phung Long That, der ehemalige Leiter der Ermittlungsabteilung gegen Schmuggel des Zollamts von Ho-Chi-Minh-Stadt, der im April 1999 zum Tode verurteilt worden war, von einem Erschiessungskommando hingerichtet. Das Gericht hatte ihn für schuldig befunden, Bestechungsgelder angenommen und Waren im Wert von 70 Millionen US-Dollar geschmuggelt zu haben.