Briefe gegen das Vergessen: Jabbar Savalan Student wegen Kritik auf Facebook im Gefängnis

Der Geschichtsstudent Jabbar Savalan, 20 Jahre alt, ist Mitglied der Oppositionsbewegung «Popular Front Party» (PFP) in Aserbaidschan. Er verbüsst derzeit eine Gefängnisstrafe von zwei Jahren und sechs Monaten – vorgeblich wegen Drogenbesitzes, in Tat und Wahrheit wohl aber aufgrund regierungskritischer Äusserungen.

Jabbar Savalan Jabbar Savalan © Privat

Am 4. Februar 2011 forderte Savalan, inspiriert durch die Umbrüche in der arabischen Welt, über Facebook zu Protesten gegen die Regierung in der Hauptstadt Baku auf. Wenige Stunden nachdem er den Facebook-Beitrag eingestellt hatte, erzählte er Familienmitgliedern, dass er verfolgt werde. Am folgenden Abend wurde er in der Stadt Sumgayit festgenommen, als er von einer PFP-Veranstaltung nach Hause zurückkam.

Auf der Polizeiwache forderten ihn die PolizistInnen auf, seine Taschen zu leeren und fanden angeblich ein Päckchen mit 0,74 Gramm Marihuana in seiner Manteltasche. Die PolizistInnen verhörten ihn zwei Tage lang, ohne ihm Zugang zu einem Rechtsbeistand zu gewähren. Nach Aussage von Savalan wurde er von den BeamtInnen solange bedroht und geschlagen, bis er ein «Geständnis» unterschrieb. Jabbar Savalan beteuert, dass er keine Drogen konsumiert habe und ihm das Marihuana bei seiner Verhaftung untergeschoben worden sei. Auch seine Familie hat Amnesty International gegenüber bekräftigt, dass Savalan keinerlei Drogen nimmt und weder raucht noch Alkohol trinkt.

Am 4. Mai 2011 befand ein Gericht Jabbar Savalan des illegalen Drogenbesitzes für den persönlichen Gebrauch für schuldig und verurteilte ihn zu zwei Jahren und sechs Monaten Haft. Ein Bluttest, der nach der Festnahme vorgenommen worden war und der keine Spuren von Drogen aufwies, wurde bei dem Urteil nicht berücksichtigt. Der Vorwurf, die Polizei habe Jabbar Savalan die Drogen untergeschoben, ist bislang nicht unabhängig untersucht worden. Sein Rechtsanwalt Anar Gasimov hat Amnesty International gegenüber angegeben, dass er nach dem Gerichtsverfahren von dem Beamten, der Jabbar Savalan verhört hatte, bedroht worden sei.

Amnesty International geht davon aus, dass die Anklage gegen Jabbar Savalan konstruiert ist und dass er allein wegen seines politischen Engagements in Haft ist. Amnesty betrachtet ihn daher als gewaltlosen politischen Gefangenen und fordert seine sofortige und bedingungslose Freilassung.

In Aserbaidschan werden immer wieder JournalistInnen und Oppositionelle bedroht, eingeschüchtert und angegriffen, ohne dass die dafür Verantwortlichen strafrechtlich verfolgt werden. Dieses Klima der Straflosigkeit hat zu einer zunehmenden Selbstzensur geführt. Straf- und zivilrechtliche Bestimmungen über Diffamierung werden häufig missbraucht, um Kritik einzudämmen, und führen zu Haft und Geldstrafen gegen JournalistInnen. Amnesty International kritisiert die systematische Verletzung der Rechte auf freie Meinungsäusserung und Versammlungsfreiheit, die Misshandlung von Personen in Gewahrsam und die zahlreichen Verstösse gegen das Recht auf ein faires Gerichtsverfahren in Aserbaidschan.


Forderungen der abgeschlossenen Aktion

 

Sehr geehrter Herr Präsident
Ich schreibe Ihnen in Zusammenhang mit Jabbar Savalan, der eine zweieinhalbjährige Haftstrafe verbüsst, nachdem er sich an friedlichen regierungskritischen Aktivitäten beteiligt hatte. Amnesty International betrachtet ihn als Gewissensgefangenen, der allein aufgrund der friedlichen Wahrnehmung seines Rechts auf freie Meinungsäusserung festgehalten wird.
Am 4. Februar 2011 hatte Jabbar Savalan auf Facebook dazu aufgerufen, gegen die Regierung zu demonstrieren. Am nächsten Tag wurde er ohne Angabe von Gründen festgenommen und später des Besitzes von Drogen für den Eigengebrauch beschuldigt. Amnesty International ist der Ansicht, dass diese Anschuldigungen vollumfänglich konstruiert sind.  
Vor diesem Hintergrund ersuche ich Sie darum

  • die sofortige Freilassung von Jabbar Savalan zu veranlassen;
  • ohne Verzug eine unabhängige Untersuchung in Auftrag zu geben betr. der Anschuldigungen, wonach die Polizei Jabbar Savalan Drogen untergeschoben hat.

Hochachtungsvoll

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