Aserbaidschan / Eurovision Song Contest Meinungs- und Versammlungsfreiheit: Zéro points!

19. April 2012
Einen Monat vor Beginn des Eurovision Song Contest (ESC) in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku wendet sich Amnesty International mit einem offenen Brief an die Tessiner Band Sinplus, die die Schweiz am ESC vertreten wird. Amnesty ersucht Sinplus, das mediale Scheinwerferlicht im Vorfeld des Contests auch dafür zu nutzen, sich für die Freilassung der politischen Gefangenen in Aserbaidschan einzusetzen.

Update: Sinplus reagieren positiv. Antwort (auf Italienisch) lesen

Letztes Jahr gewann Aserbaidschan den ESC mit dem Song «Running Scared». «In Angst davon rennen» müssen in Aserbaidschan regelmässig Demonstrierende, die sich für Freiheit und Menschenrechte einsetzen: Bereits wer auf offener Strasse «Freiheit» ruft, hat brutale Polizeieinsätze und die willkürliche Verhaftung zu gewärtigen.

Kein «arabischer Frühling» in Baku

Im Zuge des «arabischen Frühlings» kam es im März und April 2011 auch in Aserbaidschan zu friedlichen Kundgebungen für mehr Freiheit. Das Regime von Präsident Ilham Aliew liess die Demonstrationen brutal niederknüppeln und zahlreiche Aktivistinnen und Aktivisten festnehmen. 14 von ihnen befinden sich auch heute noch in Haft – allein deshalb, weil sie die Regierung auf der Strasse oder über Facebook kritisiert haben.

An der repressiven Haltung des Regimes hat sich auch im Vorfeld des ESC nichts geändert: Bei Demonstrationen im März 2012 wurden erneut etliche Personen spitalreif geschlagen und verhaftet. Betroffen davon waren bei einem Auftritt an einer Kundgebung pikanterweise auch die beiden jungen Musiker Jamal Ali und Natig Kamilov.

PR-Kampagne der Regierung

Der ESC wird von 120 Millionen Menschen am Bildschirm verfolgt werden. Die aserbaidschanische Regierung führt deshalb eine aufwändige PR-Kampagne mit dem Ziel, das Land im besten Licht zu präsentieren. Politische Häftlinge und die massive Einschränkung der Meinungsäusserungs- und Versammlungsfreiheit passen da nicht ins Bild.

Offener Brief an Sinplus

Amnesty will den ESC dazu nutzen, die Freilassung der Gewissensgefangenen und die Respektierung der Meinungsfreiheit zu erwirken. Deshalb  wendet sich die Schweizer Sektion mit einem offenen Brief an die Brüder Broggini von Sinplus, welche die Schweiz in Baku vertreten werden: Im Vorfeld des ESC könnte Sinplus einen wichtigen Beitrag dazu leisten, die prekäre Menschenrechtslage in Aserbaidschan anzusprechen und die weltweite Facebook- und Twitteraktion für die Freilassung der 14 Gewissensgefangenen zu unterstützen.

Amnesty wünscht Sinplus in Baku viel Erfolg und hofft, dass es am Ende weder für die Schweiz noch für die Menschenrechte in Aserbaidschan (wieder) heisst: Zéro points!

Update:

Sinplus reagieren positiv auf den Amnesty-Aufruf und bedankte sich für die Informationen zur Menschenrechtslage in Aserbaidschan. Die Gruppe unterstützt Amnesty und will ihren Teil dazu beitragen, dass sich die Situation verbessert. Antwort lesen (auf Italienisch)

 

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