Polizeiübergriffe müssen untersucht werden: Aktion von Amnesty Deutschland © AI
Polizeiübergriffe müssen untersucht werden: Aktion von Amnesty Deutschland © AI

«Transparenz schützt die Menschenrechte» Amnesty-Report zu Fällen von Polizeigewalt in Deutschland

«Täter unbekannt»: So heisst es am Ende oft in Deutschland, wenn PolizistInnen wegen übermässiger Gewaltanwendung oder Misshandlungen zur Rechenschaft gezogen werden sollen. Das belegt der neue Bericht von Amnesty International «Täter unbekannt. Mangelnde Aufklärung von mutmasslichen Misshandlungen durch die Polizei in Deutschland». Der Report dokumentiert Fälle übermässiger Polizeigewalt und Todesfälle in Polizeigewahrsam.

«Misshandlungsvorwürfe gegen Polizisten werden häufig nicht umgehend, unabhängig und umfassend untersucht. Am Ende verlaufen viele Ermittlungen im Sande», sagt Monika Lüke, Generalsekretärin von Amnesty International in Deutschland, heute an einer Pressekonferenz in Berlin. «Nicht selten scheitern Verfahren daran, dass kein Täter ermittelt werden kann, besonders bei Einsätzen in geschlossenen Einheiten. Die Polizisten mauern, teilweise herrscht ein falsch verstandenes Wir-Gefühl unter Kollegen.» Im Rahmen der neuen Kampagne «Transparenz schützt Menschenrechte. Mehr Verantwortung bei der Polizei» fordert Amnesty deswegen unabhängige Untersuchungen und eine Kennzeichnungspflicht für PolizistInnen.

Amnesty sieht keine systematische rechtswidrige Polizeigewalt in Deutschland, sondern strukturelle Probleme im Umgang mit Vorwürfen übermässiger Gewaltanwendung und Misshandlungen. «Polizisten haben einen schwierigen, oft gefährlichen Job und sie sind berechtigt, im Dienst Gewalt anzuwenden», sagt David Díaz-Jogeix, Europa-Experte im Internationalen Sekretariat von Amnesty in London. «Wenn Polizisten dieses Recht aber missbrauchen, dürfen sie nicht über dem Gesetz stehen.» Zu oft bleibe der Staat tatenlos. Da unterscheide sich Deutschland kaum von Frankreich, Griechenland, Österreich oder Spanien.

«In Deutschland bleiben Polizisten meistens anonym, vor allem wenn sie Helme tragen und in geschlossenen Einheiten agieren», erklärt Amnesty-Generalsekretärin Lüke. Deswegen fordert Amnesty eine individuelle Kennzeichnungspflicht für Polizisten. Damit gebe es gute Erfahrungen in Grossbritannien, Schweden und Spanien. Bewährt hätten sich auch Videoaufzeichnungen in Polizeistationen wie in Katalonien: Dort ist die Zahl der Misshandlungsvorwürfe deutlich zurückgegangen. Unerlässlich seien auch unabhängige Untersuchungen. «Es zeigt sich häufig, dass Polizisten nicht gründlich genug gegen Kollegen ermitteln», sagte Lüke. «Das verletzt die Menschenrechte und schadet dem Vertrauen in die Polizei.»

 

Der Spot zur Kampagne:

 

Medienmitteilung veröffentlicht: 8. Juni 2010
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