Im Zeitraum zwischen dem 17. und dem 23. September 1991 kam es im sächsischen Hoyerswerda zu einer Serie rassistisch motivierter Übergriffe. Ein Wohnheim für Vertragsarbeiter sowie eine Flüchtlingsunterkunft wurden mit Molotow-Cocktails und Steinen angegriffen.
«Auch zweieinhalb Jahrzehnte nach den Ausschreitungen in Hoyerswerda gibt es keine umfassenden Pläne für den systematischen Schutz von Unterkünften und vor rassistischer Gewalt. Aus dem damaligen gesellschaftlichen Klima ist die 'Generation Hoyerswerda' hervorgegangen, bei denen es sich um eben jene Rechtsextreme handelt, die heute die Proteste gegen Flüchtlingsheime anfachen und organisieren», sagt Alexander Bosch, Experte für Rassismus bei Amnesty International in Deutschland.
«Die dramatisch steigende Zahl rassistisch motivierter Straftaten in Deutschland resultiert auch aus den Versäumnissen dieser Zeit. Hätte man damals die richtigen Konsequenzen gezogen, wären Flüchtlingsunterkünfte in Deutschland heute besser geschützt und rassistische Straftaten würden besser erkannt und konsequenter verfolgt.»
«Rassismus ist damals wie heute ein tiefgehendes gesellschaftliches Problem, das nicht auf Rechtsextremismus – und damit auf ein Phänomen einiger weniger Rechtsextremer – verengt werden kann», so Bosch.
«Die Annahme, dass Rassismus ein ostdeutsches Problem ist, ist vor diesem Hintergrund und angesichts der vielen Übergriffe in anderen Regionen Deutschlands schlicht falsch."»
«Zwar ist bei den Sicherheitsbehörden eine grössere Sensibilität für das Thema rassistische Gewalt festzustellen als noch Anfang der 1990er-Jahre. Doch viele Politikerinnen und Politiker und Parteien grenzen sich nicht konsequent von rassistischen Ressentiments, Stereotypen und Vorurteilen ab. Teilweise äussern sich politische Vertreterinnen und Vertreter bewusst oder unbewusst rassistisch und schaffen so ein Klima, dass diese Angriffe erst möglich macht», zieht Bosch Fazit.
«Amnesty International fordert die Innenministerkonferenz dazu auf, sich über ein deutschlandweites Konzept zum Schutz von Unterkünften zu verständigen. Ausserdem fordert Amnesty Politikerinnen und Politiker dazu auf, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung gerecht zu werden und nicht mit populistischen Aussagen die in Teilen der Gesellschaft vorhandene Stimmung gegen Flüchtlinge zusätzlich anzuheizen», so Bosch.