«Niemand bedauert die Schliessung dieser unbewohnbaren und unsicheren Lager. Allerdings versäumten die Behörden, die dort lebenden Menschen über die bevorstehende Schliessung und ihre Evakuierung zu informieren. Das verunsicherte die Bewohnerinnen und Bewohner, sie sind voller Sorgen», sagt Monica Costa Riba, Regionale Kampagnenbeauftragte bei Amnesty International. «Die Menschen wurden im Ungewissen gelassen, wann und wohin sie umziehen sollen. Die Behörden müssen dringend garantieren, dass niemand im Zuge der Schliessung der Lager obdachlos oder anderen Gefahren ausgesetzt wird. Es müssen sichere und angemessene Unterbringungsmöglichkeiten angeboten werden, die insbesondere die Bedürfnisse von Frauen und Mädchen berücksichtigen.»
Angst auf der Strasse zu landen
Amnesty International wurde zuletzt der Zugang zu den Lagern verwehrt. Dennoch konnten Vertreterinnen von Amnesty Bewohnerinnen und Bewohner der Lager ausserhalb von Elliniko interviewen.
Ein Afghane erzählte Amnesty: «Sie geben uns keine Informationen, dadurch entstehen grosse Ängste. Sie wollen uns verwirren, damit wir keine eigenen Entscheidungen treffen können, und dann entscheiden sie für uns.» Eine Afghanin sagte: «Wir haben alle angesprochen, aber niemand sagt uns irgendetwas. Ich mache mir grosse Sorgen, dass ich auf der Strasse landen werde».
Eine andere Afghanin beschrieb die extrem schlechten Bedingungen in Elliniko, darunter die mangelhaften sanitären Verhältnisse, die eingeschränkte Privatsphäre und die mangelnde Sicherheit und erklärte: «Wir sind hier durch die Hölle gegangen. Ich gehe in kein anderes Lager mehr.»
Die Evakuierung der Flüchtlingslager Elliniko in Athen sollte nach Angaben der Behörden am 23. Mai beginnen. Derzeit leben dort in Zelten über 800 Flüchtlinge und Migrantinnen und Migranten – vornehmlich aus Afghanistan.
Schweiz muss sich stärker engagieren
Griechenland ist mit der grossen Zahl an Flüchtlingen überfordert. Allein im Jahr 2016 sind fast 175‘000 Menschen per Boot in Griechenland angekommen. Auf Inseln im Osten der Ägäis und auf dem Festland harren Tausende von Flüchtlingen in Zelten unter unwürdigen Bedingungen aus.
Die EU-Staaten sicherten Griechenland und Italien im Rahmen des Relocations-Programms Entlastung zu und versprachen Zehntausende von Flüchtlingen auf andere EU-Staaten zu verteilen. Dieser Prozess verläuft allerdings nur schleppend. Auch die Schweiz hatte sich 2015 verpflichtet, bis Ende 2017 insgesamt 1500 Personen aus Griechenland und Italien aufzunehmen. Bisher wurden jedoch erst 317 Personen aus Griechenland und 605 aus Italien übernommen.
Anlässlich des Besuches von Bundesrätin Simonetta Sommaruga in Griechenland bekräftigt die Schweizer Sektion von Amnesty International die Forderung an den Bundesrat, die bereits zugesagte Anzahl Flüchtlinge schneller in die Schweiz zu holen und das Kontingent zu erhöhen. Griechenland soll verstärkt Hilfe bei der Registrierung und dem Asylverfahren angeboten werden. Zudem dürfen die Dublin-Überstellungen in das Land nicht wieder aufgenommen werden. Dieses Jahr hat die Schweiz noch keine Asylsuchenden nach Griechenland zurückgeschickt. Letztes Jahr waren es fünf Personen im Rahmen der Dublin-Verordnung.