Italien Amnesty fordert das Ende der Diskriminierung von Roma

Die italienische Regierung soll ihren Verpflichtungen nachkommen und der menschenrechtsverletzenden Diskriminierung von Roma in Politik und Praxis ein Ende setzen, fordert Amnesty International in einem heute veröffentlichten Bericht. Der Report Hart an der Grenze: Roma - Zwangsräumungen und Segregation in Italien belegt das systematische Versagen der italienischen Behörden, wenn es um die Wahrung der Rechte von Roma geht.

Roma © AI

Zehn Monate ist es bereits her, dass das oberste Verwaltungsgericht von Italien am 16. November 2011 die sogenannte «Emergenza Nomadi» als unzulässig verurteilte. Unter diesem Ausnahmezustand, der 2008 in Kraft trat, waren die Roma schweren Menschenrechtsverletzungen ausgesetzt. Seitdem wurden allerdings weder die menschenrechtsverachtenden Praktiken gegen die Roma eingestellt, noch wurde den Betroffenen eine Entschädigung gezahlt.

«Die italienische Regierung kommt weder ihren internationalen Verpflichtungen noch den Zusagen an die Europäische Kommission nach. In Camps lebende Kinder, Frauen und Männer werden noch immer ohne Information, Konsultation und vorherige Benachrichtigung aus ihren Unterkünften vertrieben. Die Bewohner der unbewilligten Roma-Siedlungen trifft es besonders hart: Sie werden bei jeder sich bietenden Gelegenheit verjagt», sagt John Dalhuisen, bei Amnesty International zuständig für Europa- und Zentralasien.

«Das kürzlich speziell für Roma eröffnete Camp La Barbuta ausserhalb von Rom ist ein offensichtliches Beispiel für das Versagen der italienischen Behörden, die bisherige Politik wirklich zu ändern. Montis Regierung bedient sich zwar anders als die Vorgängerregierung keiner abfälligen Sprache mehr, wenn es aber darum geht, Worte in Taten umzusetzen, sieht man keinen erkennbaren Unterschied», so Dalhuisen weiter.

Versprechen nicht eingehalten

Noch im Februar diesen Jahres hat die italienische Regierung im Rahmen der Nationalen Strategie zur Inklusion der Roma auch gegenüber der Europäischen Union grosse Versprechungen gemacht: Roma sollten künftig gleich behandelt und ihre Lebensumstände verbessert werden. Trotzdem wurden seitdem hunderte Roma obdachlos, weil ihre Unterkünfte bei Rom und Mailand zwangsgeräumt wurden.

Die Pläne, bewilligte oder geduldete Siedlungen zu schliessen, werden umgesetzt, ohne die Bewohner zu konsultieren oder ihnen einen Rechtsbeistand zuzusichern. Die Lebensumstände in den bewilligten Camps sind nach wie vor erbärmlich, in unbewilligten Siedlungen sind sie noch schlimmer. Dort gibt es so gut wie keinen Zugang zu Wasser, sanitären Anlagen oder Strom. Die ethnische Segregation wird fortgeführt; Roma sind vom sozialen Wohnungsbau nach wie vor weitgehend ausgeschlossen.

Zu wenig Notunterkünfte

Laut offizieller Behördenangaben in Rom wurden in den ersten sechs Monaten des Jahres mehr als 850 Menschen aus unbewilligten Siedlungen vertrieben. Notunterkünfte wurden hingegen nur für 209 Personen zur Verfügung gestellt, vornehmlich Mütter mit Kindern. Nur fünf Mütter mit ihren insgesamt neun Kindern haben dieses Angebot angenommen, die Mehrheit wollte nicht getrennt von ihren Familien leben.

Amnesty International empfiehlt der Europäischen Kommission deshalb, gegen Italien wegen des Verstosses gegen die EU-Richtlinie zur Gleichbehandlung ohne Unterschied der Rasse ein Verfahren einzuleiten.

Medienmitteilung veröffentlicht: 12. September 2012
Medienkontakt