Im Nordkaukasus - einer Region der russischen Föderation, zu der unter anderem die Teilrepubliken Tschetschenien, Dagestan und Inguschetien gehören - verüben bewaffnete Gruppen regelmässig Anschläge auf Sicherheitsbeamte, Regierungsmitglieder, Prominente oder beliebige Menschen aus der Bevölkerung. In ihrer Reaktion auf die Gewalt nehmen auch die Behörden kaum Rücksicht auf grundlegende Menschenrechte. Berichte über Justizbeamte, die als Untersuchungsmethode Folter und andere Misshandlungen anwenden, sind an der Tagesordnung. Auch gibt es Hinweise auf Verschleppungen und aussergerichtliche Hinrichtungen.
Für die Häftlinge ist der Strafverteidiger oder die Strafverteidigerin oft noch der einzige Kontakt zur Aussenwelt, der die Übergriffe bezeugen und sich für ihre Rechte einsetzen kann. Doch wer solche Häftlinge verteidigt, wird oft selbst zur Zielscheibe von Angriffen, während die Täter in der Regel ungestraft davonkommen.
Der neue Amnesty-Bericht Confronting the circle of injustice: Threats and pressure faced by lawyers in the North Caucasus dokumentiert eine Reihe von Fällen, in denen Strafverteidigerinnen und -verteidiger im Nordkaukasus misshandelt oder sogar getötet wurden.
- Die dagestanische Rechtsanwältin Sapiyat Magomedova wurde 2010 von der Polizei geschlagen, als sie ihren Klienten im Gefängnis besuchen wollte. Als sie sich dagegen beschwerte und auf einer unparteilichen Untersuchung des Vorfalls beharrte, wurde gegen sie selbst Anzeige erhoben.
- Ein Anwalt in Naltschik, der Hauptstadt der Teilrepublik Kabardino-Balkarien, wurde im Dezember 2011 bei einem verdächtigen Autounfall, in den die Polizei involviert war, schwer verletzt. Vorgängig wie auch nachher erhielt er Todesdrohungen. Eine Untersuchung des Vorfalls fand nie statt.
- Der Anwalt Omar Saidmagomedov und sein Cousin wurden am 20. Januar 2012 von Sicherheitsbeamten in Machatschkala, Dagestan, auf offener Strasse ermordet. Die Behörden stellten den Vorfall als einen Mordanschlag einer bewaffneten Gruppe dar. Anwaltskollegen vermuten jedoch, dass es sich um eine aussergerichtliche Exekution durch staatliche Sicherheitskräfte handelt. Beim Versuch, die Wahrheit ans Licht zu bringen, werden nun auch sie bedroht.
Amnesty International fordert die russischen Behörden auf, Anwältinnen und Anwälte im Nordkaukasus wirksam zu schützen, damit sie ihrer Arbeit gefahrlos nachgehen und ihren Klientinnen und Klienten ohne Einschränkung den bestmöglichen Rechtsbeistand bieten können. Sicherheitsbeamte, die Anwälte unter Druck setzen, sie bedrohen, verletzten oder töten, müssen umgehend zur Verantwortung gezogen werden.
Medienmitteilung veröffentlicht: 21. März 2013, London/Bern
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