Oleg Kozlovsky, ein russischer Staatsangehöriger, der als Researcher für Amnesty International arbeitet, war am 5. Oktober 2018 in Inguschetiens Hauptstadt Magas eingetroffen. Er beobachtete die anhaltenden friedlichen Proteste gegen das kürzlich von Inguschetien und Tschetschenien, beides autonome russische Republiken, unterzeichnete Grenzabkommen.
In der Nacht des 6. Oktober wurde Oleg Kozlovsky von einem Mann, der behauptet, ein Vertreter der Protestorganisatoren zu sein, in ein Auto gelockt. Er wurde an einen Ort ausserhalb der Stadt gebracht, wo er in einer zwei Stunden dauernden Tortur ausgezogen, bedroht, geschlagen und misshandelt wurde.
«Sie hielten mir eine Waffe an den Kopf und sagten mir, dass sie mich töten würden. Die Männer gaben sich als Offiziere des lokalen Zentrums zur Bekämpfung des Extremismus aus, einer Spezialeinheit der Polizei. Sie wollten die Namen meiner Kontakte in Inguschetien erfahren und drohten, meine Frau und meine Kinder zu töten, wenn ich über das Geschehene berichten würde», sagte Oleg Kozlovsky.
«Aber ich lasse mich nicht zum Schweigen bringen. Es ist unerlässlich, dass die Welt die Risiken kennt, denen Menschenrechtsverteidiger und -aktivisten in Russland ausgesetzt sind.»
Schläge und Drohungen
Oleg Kozlovskys Tortur begann gegen 21 Uhr, als ein Mann an seine Hotelzimmertür klopfte und sagte, dass einer der Protestorganisatoren ihn treffen wollte. Der Mann führte ihn in ein wartendes Auto. Als Oleg im Auto war, stiegen auch zwei maskierte Männer ein, von denen einer verlangte, dass er sein Handy ausschaltete, während der andere ihm ins Gesicht schlug.
Die Männer hielten Olegs Kopf fest, während das Auto zu einem Feld fuhr, wo die Männer ihn zwangen, sich nackt auszuziehen, und drohten, ihn zu erschiessen, wenn er versuchte zu fliehen. Die Männer wollten wissen, wer Oleg war, was er in Magas tat und für wen er arbeitete. Dann wollten sie ihn dazu bringen, ein Informant zu werden.
Die Männer schlugen Oleg mehrmals und brachen ihm dabei eine Rippe. Sie inszenierten zwei Scheinhinrichtungen, bei denen Oleg gezwungen war, sich auf den Boden zu legen, während die Täter eine Waffe an seinen Hinterkopf hielten und sagten, dass sie ihn töten würden. Beim zweiten Mal wurde ihm gesagt, er solle beten. Die Männer fotografierten ihn auch nackt und drohten, die Bilder zu veröffentlichen, wenn er jemandem erzählte, was passiert war.
Nachdem sie ihn nicht dazu bringen konnten, ihr Informant zu sein, nahmen die Männer Olegs Telefon und Kamera weg, bevor sie ihn in die benachbarte Republik Nordossetien brachten und ihn in der Nähe des Flughafens freiliessen. Bevor sie ihn gehen liessen, sagte einer der Männer: «Komm nie wieder zurück und schreib keinen Dreck über Inguschetien.»
«Das war ein gewalttätiger und schockierender Vorfall. Aber die Behörden müssen wissen, dass wir uns nicht von maskierten Männern eingeschüchtern lassen. Wir haben eine Beschwerde bei den russischen Behörden eingereicht», sagte Marie Struthers, regionale Leiterin für Osteuropa und Zentralasien bei Amnesty International.