Der von der befürwortenden Seite ins Zentrum des Abstimmungskampfes gerückte Missbrauch des Asylrechts hat die Mehrheit der Stimmberechtigten überzeugt, dem Asyl- und dem Ausländergesetz am heutigen Abstimmungssonntag zuzustimmen. Dies trotz der breit abgestützten Opposition aus Zivilgesellschaft, Verbänden und Kirchen, die die beiden Gesetze bekämpft hat, weil sie die Grundrechte verletzen. «Dies ist ein schwarzer Sonntag für das schweizerische Asylrecht! Die Schweiz gibt sich die restriktivsten Gesetze in ganz Europa und dies zu einem Zeitpunkt, in dem so wenig Asylgesuche gestellt werden wie seit 20 Jahren nicht mehr», erklärt Daniel Bolomey, der Generalsekretär der Schweizer Sektion von Amnesty International (AI). «Die Koalitionen, die sich für die Unterschriftensammlung der beiden Referenden und für den Abstimmungskampf zusammengeschlossen haben, haben gezeigt, dass den unzulässigen Vereinfachungen der Befürworter starker Widerstand aus der Zivilgesellschaft erwachsen ist. Diese starken Koalitionen aus NGOs, Kirchen, Künstlern und Künstlerinnen sowie Politikerinnen und Politikern aus allen politischen Lagern werden weiterarbeiten, um eine echte Kultur der Menschenrechte und eine Öffnung für eine kulturelle Vielfalt in unserem Land zu entwickeln.»
Amnesty International wird die Umsetzung der neuen Gesetze mit Blick auf die von Bundesrat Christoph Blocher und dem Bundesamt für Migration während des Abstimmungskampfes gemachten Versprechungen genau beobachten. Es handelt sich dabei insbesondere um das Eintreten auf Asylgesuche von Personen, die keine gültigen Reisepapiere vorweisen können, bei denen aber Indizien auf Verfolgung bestehen. Zudem hat der Bundesrat in der Abstimmungsbotschaft in Bezug auf den Sozialhilfestopp versprochen, dass der «besonderen Situation von verletzlichen Personen» «Rechnung getragen» wird.
«Die Befürworter und Befürworterinnen der Gesetze haben die Schweizer Bevölkerung mit dem Argument überzeugt, dass die ‚echten’ Flüchtlinge in unserem Land immer Schutz finden werden. Das Bundesamt für Migration muss dieses Versprechen jetzt einlösen», erklärt Daniel Bolomey. «AI wird alle ihr bekannten Fälle öffentlich machen, in denen Personen fälschlicherweise zurückgeschafft und in ihrem Land inhaftiert werden. Die Schweiz hat nicht das Recht, internationale Konventionen zu verletzen und Personen der Gefahr von Folter oder Inhaftierung auszusetzen.»